DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Streiken nach Ferienplan

WAS SAGT UNS DAS? In dieser Woche wollen die Lokführer wieder in den Ausstand treten. Sie haben sich dafür bewusst eine feiertagsfreie Zeit ausgesucht

Wer nicht gerade auf die Bahn angewiesen ist, könnte die erneuten Streiks der Lokführer mit kalendarischem Interesse betrachten. An der Terminierung des Ausstandes, der in dieser Woche stattfinden soll, lässt sich nämlich einiges über die Erfolgsaussichten der Lokführer ablesen. Kurz gesagt: Die Lokführergewerkschaft GDL steht unter Druck; sie weiß weder vor noch zurück.

Zur Erinnerung: Die GDL möchte Tarifverträge nicht nur für die Lokführer, sondern auch für weiteres Zugpersonal bei der Deutschen Bahn AG abschließen. Die Bahn wiederum hat etwas dagegen, da sie unterschiedliche Tarifverträge für gleiche Berufsgruppen vermeiden will. Sie schreibt sich das alte Gewerkschaftsmotto „Glei-cher Lohn für gleiche Arbeit“ auf die Fahnen.

So ist der Tarifkonflikt festgefahren, Streik hin oder her. Daran dürfte auch der diesmalige Ausstand nichts ändern, zumal die Bahn auf Zeit spielen kann. Mit dem Tarifeinheitsgesetz, das im Sommer kommen soll, wäre die GDL machtlos.

Die steckt bei der Terminierung ihrer Streiks im Dilemma: Sie muss einerseits Druck machen, darf aber andererseits die Fahrgäste, die kaum noch Verständnis haben, nicht verärgern. Deshalb streikt die GDL immer dann, wenn keine Ferien oder Feiertage in Sicht sind – so wie jetzt, da gerade Ostern vorbei ist. Und daher zeigt ein kurzer Blick auf den Kalender, wann der nächste Streik der GDL droht: frühestens im Juni, und zwar nach den Pfingstferien in Süddeutschland und vor den Sommerferien in Norddeutschland. Im Mai mit seinen vielen Feiertagen werden sich die Lokführer sicher nicht trauen.

RICHARD ROTHER