Minister im Funkloch

Konferenz der Innenminister vertagt Entscheidung über Einführung eines digitalen Funksystems für die Polizei

BERLIN taz ■ Die Polizei ist sauer. Wieder einmal gab es bei der Konferenz der Innenminister (IMK) in Jena keine Entscheidung über ein neues Funksystem für die deutschen Sicherheitsbehörden. „Welche Funktion hat die IMK überhaupt noch“, knurrt jemand bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der nicht genannt werden will. Für GdP-Chef Konrad Freiberg trägt das Projekt zur Einführung des digitalen Polizeifunks jetzt schon Züge eines „zweiten Maut-Skandals“, da die Nachbeschaffung der alten Analogtechnik bereits jetzt teurer sei und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden bei künftigen Großeinsätzen gefährde.

Mit dem neuen abhörsicheren und verschlüsselbaren System sollen auch Verbindungen in das Telefonnetz möglich sein, im Endstadium sogar die sekundenschnelle Übertragung von Fahndungsdaten und -fotos auf das Display der BeamtInnen. Doch auf die schon seit Jahren geplante Umrüstung ihrer veralteten Funkgeräte auf den Digitalfunk TETRA (Terrestrial Trunked Radio) wird die Polizei weiterhin warten müssen. Sie wurde auf die Konferenz der Ministerpräsidenten Mitte Dezember vertröstet. Selbst Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD), der vor Beginn der IMK noch damit gedroht hatte, gemeinsam mit dem Bund und Berlin einen Alleingang zu beginnen, hat sich auf diese Lösung eingelassen. Das wundert nicht, denn Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) will nicht mehr als 10 Prozent des rund neun Milliarden Euro teuren Projektes tragen. Die Bundesländer wollen aber mehr, denn sie sind pleite.

Das Warten auf die Ministerpräsidenten gab es vor genau einem Jahr schon einmal, nachdem die Finanzminister „hinsichtlich der Kosten“ einen dicken Strich durch das Vorhaben gemacht hatten. Doch geschehen ist dann nicht mehr als die Einsetzung einer Kommission auf Staatssekretärsebene. Deren Bericht wurde gestern nun „zur Kenntnis genommen“. Das war’s.

Eigentlich sollte das neue System bis zur Fußball-WM 2006 einsatzbereit sein. Dieser Termin ist nicht mehr haltbar. Damit droht Deutschland den Anschluss an die neue Technik zu verlieren und im Verbund mit anderen europäischen Sicherheitsbehörden blind und taub zu werden. Dort nämlich ist die Digitaltechnik längst Standard. OTTO DIEDERICHS