Ein Fall von Magersucht

BANKEN Die Deutsche Bank schließt 200 Filialen, bringt die Postbank an die Börse und senkt die Bilanzsumme

■ Morgen beginnt in München der Strafprozess gegen den Ko-Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und vier Exmanager des Geldhauses. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Prozessbetrug in einem besonders schweren Fall vor. Sie sollen im Verfahren um milliardenhohen Schadenersatz wegen der Pleite des Medienmoguls Leo Kirch falsche Angaben gemacht haben, um Strafzahlungen zu verhindern. „Ich habe die Zuversicht, dass sich das, was ich immer gesagt habe, vor Gericht validieren lässt“, sagte Fitschen am Montag. „Nämlich, dass ich nicht verstehen kann, warum diese Anklage gegen mich erhoben wurde.“ (ank)

AUS BERLIN ANJA KRÜGER

Bei der Deutschen Bank stehen die Zeichen auf Verkleinerung: Das größte private Geldinstitut der Bundesrepublik will 200 seiner 700 Filialen schließen, die Tochter Postbank abstoßen und die Investmentsparte deutlich verkleinern. „Wir wollen die Bilanzsumme um 200 Milliarden Euro zurückschrauben“, sagte Vorstandschef Anshu Jain bei der Vorstellung der „Strategie 2020“ in Frankfurt am Main am Montag.

Mit Spannung hatte die Finanzwelt auf die Vorstellung der neuen Strategie der Deutschen Bank gewartet, mit der das Haus ein neues Kapitel in der 145-jährigen Geschichte aufschlagen will. Nach der Präsentation zeigten sich die Anleger enttäuscht. Die Aktie verlor am Montag deutlich an Wert. Dabei stellten Jain und sein Ko-Vorstandschef Jürgen Fitschen klar, dass die Bank keineswegs ihren globalen Führunsganspruch aufgibt. „Wir wollen in vielen Bereichen dominieren“, sagte Fitschen. Aber: Viele Elemente der neue Strategie sind nichts anders als Korrekturen früherer Entscheidungen.

Die Deutsche Bank ist in vielen Geschäftsbereichen Marktführer in Europa und verdient viel Geld. Trotzdem hat sie gravierende Probleme. Den Anlegern gefällt die Entwicklung des Aktienkurses schon länger nicht mehr. Außerdem kratzen Skandale am Ansehen des Instituts. Erst in der vergangenen Woche hatten Aufsichtsbehörden in Großbritannien und den USA die Bank wegen Manipulationen am Referenzzinssatz Libor zur Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar verurteilt.

„Wir wollen die Bilanzsumme zurückschrauben“

VORSTANDSCHEF ANSHU JAIN

Zu schaffen machen der Bank nicht nur mangelnde Gesetzestreue, sondern auch zunehmende staatliche Anforderungen. Dazu gehört die Vorgabe, mehr Eigenkapital vorzuhalten, um besser gegen Krisen gewappnet zu sein. Wie viel Eigenkapital die Aufseher fordern, hängt auch mit dem Geschäftsvolumen und eingegangenen Risiken zusammen. Schrumpft das, sind auch die geforderten Quoten geringer.

Neben gezielter Verkleinerung setzt die Deutsche Bank zunehmend auf ein Geschäftsmodell, das allerdings keineswegs neu ist. „Wir wollen mehr Geschäft mit Firmenkunden und mit vermögenden Privatkunden“, sagte Fitschen. Vor der Finanzkrise galten Privatkunden mit Durchschnittseinkommen Bankern schon einmal als nicht besonders attraktiv. Im Zuge der Krise gewannen Privatkunden an Bedeutung. 2010 hatte die Deutsche Bank die Postbank mit ihren KleinsparerInnen übernommen. Jetzt will sie die Tochter an der Börse wieder loswerden.