DIE GESELLSCHAFTSKRITIK
: Brutale Attacke

WAS SAGT UNS DAS? Nach einem Fußballspiel wird in Lissabon ein Mann von Polizisten verprügelt. Das Video empört die Menschen

Die Bilder sind brutal. José Magalhães verlässt mit seinem Vater und seinen beiden Kindern am Sonntag das Stadion von Guimarães, in dem ihr Club Benfica Lissabon soeben die Meisterschaft gewonnen hat. Dort hatten sich die rivalisierenden Fans in den Haaren.

Ein Beamter spricht Magalhães an. Ohne ersichtlichen Grund stößt der Chef der örtlichen Kriminalpolizei den Mann um. Mehrere Polizisten prügeln auf den am Boden Liegenden ein. Eines der Kinder heult: „Mein Papa hat nichts getan.“ Drei Polizisten drängen es ab.

Das Video verbreitete sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Netzwerken und im TV. In Lissabon wird die Feier des Meistertitels zur Straßenschlacht. 26 Fans werden verhaftet, viele verletzt.

Auf Facebookseiten werden Ermittlungen und der Rücktritt des Kriminalbeamten gefordert. Portugal ist geschockt. Denn die Portugiesen halten sich für ein friedliches Völkchen. Der Sturz der Diktatur 1974 ging gewaltfrei über die Bühne. Selbst seit der Krise 2008 und dem Troika-Spardiktat blieben die Proteste friedlich. Erst 2012 kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Gewalt bleibt zwar die Ausnahme. Dennoch nimmt sie an den Schulen zu, auch die Zahl häuslicher Gewaltakte steigt. Und Überfälle und Diebstähle enden immer öfter mit Verletzten oder Toten. Auch in den Stadien ist die Zahl der Angriffe auf Polizeibeamte seit 2010 um mehr als 70 Prozent gestiegen.

„All das verschärft sich in der Krise“, erklärte am Sonntag der Juraprofessor Marcelo Rebelo de Sousa im Fernsehen. Er ist der Vorsitzende der regierenden konservativen Sozialdemokratischen Partei, die für die Sparpolitik verantwortlich ist, die Portugals Bevölkerung hat verarmen lassen wie sonst nur die Griechen und Spanier.

REINER WANDLER, MADRID