HASENHEIDE: Willste den Porsche?

Der Wein ist bald alle. Ich will keinen Teddybären gewinnen

Kann es sein, dass mitten in der Hasenheide ein Alien gelandet ist? Es leuchtet und blinkt grün, dann mal rötlich aus der Abenddunkelheit. Es hat eine lange, laut ratternde Kette, mit der die gefangenen Erdbewohner in die Höhe transportiert werden. „Crazy Mouse“ heißt das Stahlungetüm – eine Achterbahn?

Meine Schmerzmittel gegen die Zahnschmerzen sind scheinbar richtig guter Stoff, sie steigern die Wahrnehmung der Außenwelt der Innenwelt, ähm, der Umwelt. Vor allem weil ich die Mittel geschickt dosiert mit einer Flasche Weißwein, dekoriert mit einer „Portugal Wine Trophy“ in Gold, mische. Denn was steht auf dem Beipackzettel: „Trinken Sie während der Behandlung mit Tramadol – ein Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide – keinen Alkohol, da seine Wirkung verstärkt werden kann.“

Kurz vor der Achterbahn ist die Jolly-Joker-Losbude mit in roten Overalls steckenden Losverkäufern, daneben eine Holzbank. Ein Klasseplatz für mich und meinen Portugieser. Gerade kommt ein Migrantenjunge und will seine 850 Punkte einlösen, die er auf diversen Losen angesammelt hat. Die Frau auf der Bühne vor den Gewinnen dreht richtig auf. Er könne den Pandabären nehmen oder den kleinen Porsche-Rennwagen, oder … Der Junge will aber den Helikopter. Er bräuchte 6.000 Punkte dafür. „Dann müsstest du noch ein paar Lose kaufen“, sagt die Chefin mit dem Headset-Mikro. Ihr Mops rennt aufgeregt zwischen den Gewinnen herum. Der Junge lässt sich auf den Porsche runterhandeln.

Ich überlege, ob ich mir gegenüber ein Löwenbräu holen soll. Der Wein ist bald alle. Ich will keinen Teddybären gewinnen. Die Los-Frau mit dem Headset schaut mich an, als hätte sie Mitleid. Aber es geht mir super. Als Beweis würde ich gern ein automatisch geschossenes „Crazy Foto“ (3 Euro) von mir erwerben, aber dazu müsste ich die Achterbahn langrattern. ANDREAS BECKER