Rot-Schwarz auf dem Weg in die Krise

BUNDESRAT Die CDU lehnt die Initiative zur Homo-Ehe ab, die SPD mag keine Enthaltung zusagen, wie es der Koalitionsvertrag vorsieht

Die Diskussion über die Homo-Ehe führt die rot-schwarze Koalition in Berlin auf eine Krise zu. Denn während die SPD eine vom Land Niedersachsen gestartete Bundesratsinitiative unterstützt, lehnt die CDU sie ab. Für einen solchen Fall sieht der Koalitionsvertrag eine Enthaltung vor. Doch nach der Senatssitzung am Dienstag war weiter offen, wie sich das Land Berlin am Freitag im Bundesrat verhält. „Die CDU-Seite hat klargemacht, dass sie für diese Entscheidung Zeit braucht“, sagte Senatssprecherin Daniela Augenstein vor Journalisten. Die SPD habe ebenfalls noch Gesprächsbedarf.

Augenstein stellte es als „das ganz normale Verfahren“ dar, dass sich bei einigen Themen erst in einer laufenden Bundesratssitzung entscheide, wie das Land abstimmt. Der Zeitbedarf der CDU reicht allerdings über Freitag hinaus. Ihr Landeschef Frank Henkel hat ein Mitgliedervotum zur Homo-Ehe auf den Weg gebracht, deren Ergebnis erst im Juli vorliegen soll. Den Vorstoß im Bundesrat, wo Berlin 4 von 69 Stimmen hat, bezeichnete Generalsekretär Kai Wegner im taz-Interview als „Klamauk“ und „Schaufensterantrag“.

Aus der SPD gibt es unterschiedliche Signale: dass man sich der CDU beugen könnte, das aber noch der Parteibasis erklären muss. Aber auch, dass man die ablehnende Haltung des Koalitionspartners ignoriert und im Bundesrat zustimmt – ein SPD-Senatsmitglied hat die sogenannte Stimmführerschaft. Die vier Berliner Stimmen aufzuteilen geht nicht: Laut Grundgesetz kann ein Land nur einheitlich abstimmen. Henkel ging nicht davon aus, dass Berlin gegen die CDU der Homo-Ehe zustimmen wird. „Warum sollten die Sozialdemokraten vertragsbrüchig werden?“, wurde er zitiert.

Es gab schon mal den Fall

Während der rot-roten Koalition hatte die SPD 2008 auf diese Weise die Linkspartei brüskiert, als Berlin im Bundesrat gegen deren Willen für die Erbschaftsteuerreform stimmte. Die Koalition zerbrach daran nicht, die größte Empörung kam nicht von der hiesigen Linkspartei, sondern von deren Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi.

Offen bleibt die Frage, ob Henkel im Bundesrat klarmachen wird, dass ein Ja nicht einheitliche Position des Lands Berlin ist. Auch dafür gibt es ein Vorbild: Als 2002 in Brandenburg die SPD für, ihr Koalitionspartner CDU gegen das Zuwanderungsgesetz war und das in der Länderkammer auch so ausdrückten, wertete Klaus Wowereit als damaliger Bundesratspräsident nur das SPD-Votum. Das Bundesverfassungsgericht kippte diese Entscheidung: Wowereit hätte das Votum nicht als ein Ja Brandenburgs werten dürfen.

Bereits am Donnerstag muss sich die SPD-Abgeordnetenhausfraktion entscheiden, ob sie koalitionstreu oder gemäß ihrer Überzeugung agiert. Denn ein gemeinsamer Antrag von Grünen, Linkspartei und Piraten verlangt unter dem Titel „Ehe für alle“ ein klares Zeichen für die Homo-Ehe. In der Opposition ging man aber am Dienstag davon aus, dass sich auch die SPD einer sofortigen Abstimmung verweigern und den Antrag in einen Ausschuss verweisen wird. Das bestätigte sich nach der Fraktionssitzung. „Wir sind für die Öffnung der Ehe – leider zeigt die CDU bei dem Thema ein peinliches Theater“, so eine Sprecherin, „die CDU ist in der Frage nicht auf der Höhe der Zeit.“

Grundlage der Zusammenarbeit von SPD und CDU im Parlament ist, nicht gegeneinander zu stimmen. Die Grünen hatten darum von der CDU gefordert, für die Entscheidung über den Oppositionsantrag den Fraktionszwang aufzuheben.

Der künftige Berliner Erzbischof Heiner Koch hat währenddessen eine weitere Diskussion in der Kirche über die Ehe gefordert. „Wir müssen definieren, was Ehe ist“, sagt er der Bild. Als eigene Position dazu gab er an: „Jede Verbindung, die hält, ist gut.“ STEFAN ALBERTI

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