Illegale Tortendeko

GERICHTSPROZESS

Die Zuckerfigur eines kleinen Maulwurfs bricht aus einer grau ummantelten Torte hervor. Er trägt einen türkisen Sturzhelm mit weißem Kinnriemen und eine schwarze Sonnenbrille. Die Tortendesigns von Sylvia Zenz sind detailverliebt, aufwendig – und möglicherweise illegal.

Ausgerechnet das Ordnungsamt der Marzipanstadt Lübeck fordert von der preisgekrönten Tortendesignerin ein Bußgeld in Höhe von 650 Euro, weil sie keinen Meistertitel hat, nicht einmal Konditorin ist. Zenz soll gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen haben, weil sie nicht in die Handwerksrolle eingetragen ist. Ob eine unerlaubte Handwerksausübung vorliegt, klärt am Mittwoch das Amtsgericht Lübeck.

Denn Zenz zahlte das Bußgeld nicht. Sie legte Widerspruch ein, weil sie sich selbst nicht als Handwerkerin, sondern als Künstlerin sieht. Die Kuchen – im Schnitt sind es zwei pro Monat – backt sie nicht selbst, sondern bestellt sie beim Konditor. „Alles Handwerkliche ist dann fertig“, sagt die 47-Jährige, die in Lübeck zudem einen Laden für Motivtortensüchtige mit allerlei Backzubehör betreibt und Kurse in Tortendesign gibt – auch für Konditoren. Ihre Verzierungen seien Kunst, sagt sie, und gerade deren Vergänglichkeit mache sie reizvoll.

Das sieht Marc Langentepe, Sprecher der Stadt Lübeck, anders. Das Ordnungsamt ging der unerlaubten Tortenverschönerung wegen eines Hinweises der Handwerkskammer nach. „Letztendlich ist das eine Form des Verbraucherschutzes“, sagt Langentepe, schließlich verarbeite Zenz Lebensmittel. „Die Tante hat sich über jegliche Gesetze hinweggesetzt“, sagt er. Das Bußgeld könne man spießig finden, aber schließlich backten hier nicht „Muttis für ihre Familien“.

Ob Kunst oder Handwerk, entscheidet nun ein Richter – allerdings ohne üppig verziertes Beweisstück. „Dafür habe ich bei all den Medienanfragen einfach keine Zeit“, sagt Zenz.  REA