Kollektiv fürs Klima

THEATER Das Staatstheater Braunschweig inszeniert eine Klimakonferenz speziell für junge Leute

Ärgerlich ist, dass innovative Formate oft in die kleinen Häuser abgedrängt werden

Die Erde ist bedroht, das weiß doch jedes Kind. Damit sie sich in diesem Jahrhundert nicht mehr als zwei Grad erwärmt, muss die Emission von Treibhausgasen reduziert werden, in Deutschland um immerhin 80 Prozent. Trotz der Dringlichkeit deutet nichts darauf hin, dass die deutsche Politik, geschweige denn die globale Gemeinschaft die entscheidenden Weichen stellt, um dieses Ziel zu erreichen. Am heutigen Samstagabend wird in Braunschweig deshalb erstmals ein neues Gremium tagen: Das Junge Staatstheater lässt zehn SchauspielerInnen auf einer Klimakonferenz tagen, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen.

Um die drastische Entwicklung aufzuhalten, müssen alle zusammenarbeiten. Erstmals arbeitet das Ensemble bei dieser Produktion deshalb im Kollektiv. Auch das Publikum kann sich nicht einfach zurücklehnen, sondern wird aktiv mit einbezogen, um den Ursachen des Klimawandels auf den Grund zu gehen und gemeinsam Lösungsstrategien zu entwickeln.

Das Performance-Kollektiv Rimini Protokoll hat es vorgemacht. Im letzten Jahr simulierten Helgard Haug, Stefan Kaegi und Daniel Wetzel eine Weltklimakonferenz im Schauspielhaus in Hamburg, bei der die ZuschauerInnen selbst die Rolle von Delegierten aus aller Welt einnahmen. Offenbar hat es sich bewährt, die zukunftsweisenden Fragen nicht allein der Politik zu überlassen – wobei die Unterscheidung von SchauspielerInnen und PolitikerInnen oft gar nicht so einfach ist – zumindest bei theatralen Installationen wie diesen.

Um dem umfassenden Thema Klimawandel gerecht zu werden, hat Andreas Steudtner, der Leiter des Jungen Staatstheaters Braunschweig, eine Kooperation mit Studierenden der Geoökologie veranlasst. Dies ermöglicht einen fachübergreifenden Austausch und vereint verschiedene Vorgehensweisen in einer Produktion. Viel zu selten bedienen sich Staats- und Stadttheater bisher dem vor Ort vorhandenen Know-how. Auch solche offenen Formate wie eine interaktive Konferenz gab es beispielsweise in Braunschweig noch nie. Umso ärgerlicher ist, dass diese innovativen, aber auch riskanten Konzepte wie in diesem Fall oft in die kleinen Häuser und ins Kinder- und Jugendtheater abgedrängt werden. Es bleibt zu hoffen, dass das junge Publikum Gefallen an der inszenierten Klimakonferenz findet. Nur so werden die Verantwortlichen in Braunschweig früher oder später den Mut aufbringen, auch in großen Häusern gewagtere Formate zu inszenieren.

Es ist klar, dass auch diese Konferenz keine neuen Lösungen finden wird, um Wirtschaft und Politik in Sachen Umweltschutz endlich Einhalt gebieten zu können. Das Ziel muss vielmehr sein, die zwölf- bis achtzehnjährigen ZuschauerInnen zu sensibilisieren und zu schulen, sich in anspruchsvollen Diskussionen eine eigene Meinung zu bilden.  KORNELIUS FRIZ

■ Premiere: 13. Juni, 18 Uhr, Staatstheater Braunschweig/Haus Drei