Smart und mobil

MOBIL Mit E-Fahrzeugen und intelligenten Stromnetzen wird es möglich, komplett auf Wind- und Sonnenenergie umzusteigen

VON LARS KLAASSEN

Auf der technischen Seite haben Elektrofahrzeuge bislang zwei Schwachstellen: Ihre Reichweite ist gering und die Ladezeit der Akkus beträchtlich. Doch mit Blick auf die Energiewende, spielen diese Schwachstellen nur eine untergeordnete Rolle. Ihre Stärke können solche Fahrzeuge schon heute im Flotteneinsatz ausspielen.

„Flotten lassen sich professionell managen“, betont Weert Canzler, Verkehrs- und Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Zudem lägen dort die täglichen Wegelängen zum großen Teil innerhalb einer Reichweite von 100 Kilometern. „Innerhalb weniger Jahre ließen sich beträchtliche Flottenbestände durch Elektrofahrzeuge ersetzen.“ Nicht nur die Nutzung auf kürzeren Strecken ist von Vorteil. In Flotten lässt sich auch das stundenlange Aufladen einzelner Fahrzeuge handhaben, ohne dass es zu Engpässen beim Angebot kommt. Innerhalb weniger Jahre können im großen Stil Flotten von Firmen und Verwaltungen umgestellt werden. Auch im Carsharing bietet sich der Einsatz von E-Autos an. In Berlin sind das aber bislang noch Ausnahmen. Unter anderem nutzen verschiedene Unternehmen am Potsdamer Platz drei Fahrzeuge im Sharingbetrieb. 15 weitere Pkw stehen für Pendler bereit. Die Autos werden während der Arbeitszeit am Platz geladen. Die größte Flotte in der Region betreibt DHL mit 20 E-Fahrzeugen.

Die Motivation, dieses Potenzial stärker zu nutzen, dürfte künftig steigen, denn im Flotteneinsatz gemanagte Elektrofahrzeuge haben einen weiteren Vorteil: „Sie sind eher als private Fahrzeuge als Speicher für überschüssigen regenerativen Strom einsetzbar“, so Canzler. „Damit können sie eine Pufferfunktion im Stromnetz einnehmen, das bei einem steigenden Anteil regenerativ erzeugten Stroms auf zusätzliche Speicheroptionen angewiesen ist.“ Der Hintergrund: Im Zuge der Energiewende wird der Anteil von Sonnen- und Windenergie im deutschen Strommix beträchtlich zunehmen. Weil der Strom nicht dann erzeugt, wenn er auch verbraucht wird, sind flexible Speicher gefragt. „Da bieten sich Batterien von E-Mobilen geradezu an“, sagt Canzler. Die Zauberformel heiße „Vehicle-2-grid“ – das Auto ans Netz.

Soweit, dass der in E-Autos zwischengespeicherte Strom bei Bedarf wieder ins Netz abgegeben wird, ist es im Alltag noch nicht. Aber eine Reihe von Pilotprojekten demonstriert die Machbarkeit. Die Batteriebelastung im Auto ist ähnlich wie beim Fahren. Benötigt werden zusätzlich ein Spannungswandler, Kontrollelemente im Fahrzeug und eine Verbindung zum Netzbetreiber – etwa über WLAN. Denn wie viel Strom wohin fließt, muss auch erfasst werden. Den zusätzlichen Kosten für diese Ausstattung steht ein finanzieller Anreiz gegenüber: Fahrzeughalter sollen eine Vergütung dafür erhalten, dass sie den Netzbetreibern große, zuverlässige und billige Energiespeicher zur Verfügung stellen.

Das Südkreuz wird smart

Seit 2012 fördert die Bundesregierung vier „Schaufenster Elektromobilität“: groß angelegte regionale Demonstrations- und Pilotvorhaben, in denen Energiesysteme, E-Fahrzeuge und öffentliche Verkehrssysteme gebündelt werden. Eine der Regionen ist das Internationale Schaufenster Elektromobilität Berlin-Brandenburg. An der Schnittstelle von urbaner Mobilität und Energiesystemen arbeitet in der Hauptstadt das Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ). „Die Energie- und Verkehrswende hängen eng zusammen“, betont Frank Christian Hinrichs, der bei InnoZ die Programmentwicklung leitet.

Am Bahnhof Berlin Südkreuz entwickelt InnoZ mit Anwohnern, Gewerbetreibenden und Industriepartnern ein integriertes Konzept. Dort sollen vor allem CO2-freie Angebote zum Einsatz kommen: E-Bikes, elektrische Carsharing-Fahrzeuge sowie eine emissionsfreie Elektrobuslinie. Der Bahnhof wird zunehmend eigenen Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Bereits heute erzeugen zwei Vertikalwindräder auf dem Dach des Bahnhofs CO2-freien Strom. Künftig sollen Photovoltaikanlagen sie ergänzen – sowohl auf dem Dach als auch an den Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Zusätzlich wird ein intelligentes Stromnetz aufgebaut, das Erzeugung und Verbrauch optimal steuert. Dabei helfen die Erfahrungen mit dem „Micro Smart Grid“ auf dem nahe gelegenen EUREF-Campus, die unter Mitwirkung des dort ansässigen InnoZ gesammelt wurden.