Miese Aussichten

Industrie und Ökonomen prognostizieren geringeres Wachstum als die Regierung. 4,5 Millionen Arbeitslose?

BERLIN dpa/ap/taz ■ Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, hält im kommenden Jahr eine „leichte Rezession“ für möglich. Diese liegt laut gängiger Defintion vor, wenn das Bruttoinlandsprodukt in zwei aufeinander folgenden Vierteljahren im Vergleich zum vorangehenden Quartal schrumpft. „Die Konjunktur wird auch in 2003 nur schwer auf Touren kommen“, sagte der BDI-Chef. Rogowski rechnet für kommendes Jahr mit höchstens einem Prozent Wachstum. Die Exporte seien erneut wichtiger Impulsgeber für die Konjunktur, sagte der Verbandschef. Sie reichten aber nicht aus, die „weiterlahmende“ Binnennachfrage auszugleichen.

Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung rechnet zwar nicht mit einer Rezession, wohl aber mit einer längeren Dauer der ökonomischen Schwäche. Das Wachstum werde mit 1,1 Prozent mäßig bleiben, erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Trifft diese Prognose zu, müsste die Bundesregierung ihre Erwartung von zurzeit noch 1,5 Prozent für 2003 nach unten korrigieren. Sinn rechnet in der ersten Hälfte des nächsten Jahres mit einer weiteren Verschlechterung der Lage am Arbeitsmarkt. „Wir erwarten für Februar über 4,5 Millionen Arbeitslose und im Schnitt des kommenden Jahres 4,2 Millionen“, sagte Sinn.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält dagegen eine wirtschaftliche Belebung bereits in der ersten Jahreshälfte 2003 für möglich. „Im nächsten Jahr geht es wieder aufwärts, vielleicht schon im Lauf der ersten Jahreshälfte“, sagte EZB-Präsident Wim Duisenberg. „Es geht aber alles langsamer, als wir gehofft haben.“ Dabei ist Europa nach Duisenbergs Einschätzung aber weitgehend auf sich allein gestellt: „Wir sehen keinen besonderen Wachstumsmotor in Europa. Auch Amerika wird das leider nicht sein“, sagte der EZB-Chef.

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