Atomkraft in der Schweiz: Abstimmung über alpine AKWs

Die Schweizer entscheiden bei einem Volksentscheid über die Zukunft der Atomkraft. Die Betreiber wollen Kosten abwälzen.

Auch darum geht es: AKW Beznau Foto: rtr

FREIBURG taz | Die Schweizer Energiepolitik steht vor wichtigen Weichenstellungen. Das Volk darf spätestens Ende November über einen Atomausstieg abstimmen. Außerdem steht im Laufe des Jahres die Entscheidung an, wie es mit dem ältesten Atomkraftwerk der Welt – Beznau 1 – weitergeht, dessen Betrieb seit einem Jahr wegen Materialproblemen ruht.

Weit über die Grenzen des Landes hinaus wird die anstehende Volksabstimmung mit Spannung erwartet. Der Ausstiegsfahrplan ist sehr moderat, was seine Akzeptanz erhöhen soll: Alle Meiler sollen jeweils 45 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme abgeschaltet werden, als letzter der Reaktor Leibstadt im Jahr 2029. In der Schweiz stehen fünf Atomkraftwerke, die im vergangenen Jahr 35 Prozent des Strombedarfs deckten.

In der Vergangenheit gingen Abstimmungen zur Atomkraft in der Schweiz sehr knapp aus. Im Jahr 1979 scheiterte der Versuch, Neubauten grundsätzlich von der Zustimmung der Bürger aller angrenzenden Kantone abhängig zu machen, mit 48,8 Prozent. 1990 verfehlte ein Verbot des Neubaus von Reaktoren mit 47,1 Prozent knapp die Mehrheit. Seit Fukushima, so hoffen Atomkraftgegner, könnte nun ein definiertes Ende der Atomkraft Zustimmung finden. Zumal auch bei den Eidgenossen die erneuerbaren Energien voranschreiten. Vor allem die Photovoltaik entwickelt sich konstant. Rund 300 Megawatt wurden 2015 neu installiert, pro Kopf doppelt so viel wie in Deutschland.

Wie hierzulande ist auch in der Schweiz die Diskussion darüber entbrannt, wer die Kosten der längst unrentablen Atomkraftwerke tragen soll. Jüngster Auslöser war ein delikates „Public Affairs Konzept 2016“ des schweizerischen AKW-Betreibers Alpiq, das seinen Weg in die Medien fand. In dem vertraulichen Papier, verfasst von der Kommunikationsagentur Hirzel Neef Schmid Konsulenten AG, geht es um Wege, wie die öffentliche Meinung im Land zugunsten der Atomwirtschaft beeinflusst werden kann. Weil auch in der Schweiz die AKW-Betreiber rote Zahlen schreiben, wollte die in Bern ansässige PR-Agentur im Auftrag von Alpiq erreichen, dass „die Kernkraftwerke in einer Auffanggesellschaft zusammengefasst und einem staatlichen Eigner übergeben werden“.

Ein kommunikativer Super-GAU für die Akteure

Allerdings würde es „die Erfolgschancen massiv schmälern“, wenn klar wäre, dass die Kampagne von Alpiq initiiert wurde, heißt es in dem Papier. Der Konzern solle daher den Prozess lediglich „aus der zweiten Reihe steuern“.

Das alles steht nun allerdings in den Zeitungen – der kommunikative Super-GAU für die Akteure. Und Atomkraftgegner sehen sich darin bestätigt, dass die angeblich so billige Atomkraft in der Realität extrem teuer ist, und die Branche auch in der Schweiz mit dem Rücken zur Wand steht. Die Wochenzeitung WOZ aus Zürich schrieb erst kürzlich: „Die Stromkonzerne Axpo und Alpiq schlittern dem Bankrott entgegen.“

Alle Meiler sollen 45 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme abgeschaltet werden

Während Alpiq noch auf die Kraft der Manipulation setzte, zog die Betreiberfirma des Reaktors Mühleberg, die BKW in Bern, Konsequenzen. Sie nimmt ihren Reaktor Ende 2019 vom Netz – unabhängig von der Politik, aus schlicht betriebswirtschaftlichen Gründen.

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