Aus­län­de­r:in­nen in der Bundeswehr: Die Gefahr wäre das Machtgefälle

Gegen die Idee, Aus­län­de­r:in­nen in die Bundeswehr zu holen, lässt sich viel einwenden – nicht aber die Angst vor mangelndem Bekenntnis zum Grundgesetz.

Mit Blattwerk und Gras getarnte Soldaten rennen mit ihren Waffen im Rahmen ihrer Grundausbildung bei einer Übung über das freie Gelände

Bundeswehrsoldaten bei der Arbeit: Sie sollen in Zukunft von AusländerInnen unterstützt werden Foto: Frank May/dpa

Der Vorschlag ist alt, jetzt könnte aber etwas daraus werden: Verteidigungsminister Boris Pistorius denkt öffentlich darüber nach, Aus­län­de­r*in­nen in die Bundeswehr aufzunehmen. Das taten zwar auch schon seine Vorgängerin, deren Vorgängerin und deren Vorgängerin. Weil die Sorgen der Bundeswehr aber dringlicher geworden sind – der Ukrainekrieg hat den Personalbedarf erhöht, während der Fachkräftemangel voll durchschlägt –, verschwindet die Idee diesmal wohl nicht in der Schublade.

Je nach Ausgestaltung lässt sich gegen diese Aussicht Verschiedenes einwenden: Die Bundeswehr könnte mit ihrer guten Bezahlung potenzielle Re­kru­t*in­nen aus Ost- und Südeuropa abwerben, sodass in deren Heimat die Kasernen leerstehen. Und es klingt nach einem zynischen Handel, ausländischen Sol­da­t*in­nen mit der Aussicht auf die deutsche Staatsbürgerschaft im Zweifel in den Fronteinsatz zu locken.

Das schwächste Gegenargument ist im Vergleich dazu die verbreitete Befürchtung, Sol­da­t*in­nen ohne deutschen Pass wären im Ernstfall ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht loyal genug. In ihrem Eid schwören Bun­des­wehr­sol­da­t*in­nen nicht auf blinde Treue gegenüber dem Vaterland, sondern auf „Recht und Freiheit des deutschen Volkes“. Implizit steckt darin der Verweis auf das Grundgesetz – und dessen Grundsätze sind universell. Man muss nicht mit der „Lindenstraße“ aufgewachsen sein, um an die Würde des Menschen zu glauben. Geringer als bei inländischen Sol­da­t*in­nen wäre bei ausländischen sogar die Wahrscheinlichkeit, dass sie Waffen und Munition für Reichsbürgeraktivitäten abzweigen.

Das größte Risiko könnte umgekehrt gelagert sein: Nicht dass der ausländische Soldat seine Pflichten nicht erfüllt – sondern dass er seine Rechte nicht einfordern kann. Das Bundeswehrprinzip der Inneren Führung sieht vor, dass Sol­da­t*in­nen Befehle verweigern dürfen, wenn sie ihrem Gewissen zuwiderlaufen. Zu so einem Widerspruch gehört aber Chuzpe. Und wenn das Machtgefälle zum Vorgesetzten zu groß wird, wenn am Arbeitsplatz zum Beispiel das eigene Aufenthaltsrecht hängt, ist ein Nein unmöglich.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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