Ausstellungsempfehlung für Berlin: Glas brutal filigran

Miguel Rothschild „zeichnet“ Meereswellen und Sternkonstellationen auf Sicherheitsglas: zu sehen bei Kicken. Die taz sprach mit dem Künstler.

Miguel Rothschild „La noche que vió las estrellas, 15. März, 2017“ (Detail), 2017, c-print on Dibond, shattered safety glass, 112,5 x 132,5 cm Foto: Thomas Bruns; Courtesy: the artist and Kuckei + Kuckei

Sich in Sicherheit wiegen – bei Miguel Rothschild ein eindeutig zerbrechliches Bedürfnis. Als Teil des Best-of ihrer Künstler_innen zeigt die Galerie Kuckei + Kuckei zwei neue Arbeiten Rothschilds: „Black Sea III“ und „La noche que vió las estrellas, 15. März 2017“. Die C-Prints unter Sicherheitsglas zeigen das Meer und die Sterne als Dopplung: einmal als Fotografie im Hintergrund und einmal direkt auf der Schutzseite des Bildträgers. Denn Rothschild hat die Glasabdeckung dem Verlauf der unterliegenden Formationen folgend bearbeitet, behämmert und eingeschlagen. Das Panzerglas zerbricht nicht, aber es splittert. Die fein verlaufenden, wellenförmigen Risse (Meer) und die zu allen Seiten auskragenden Einschlaglöcher (Sterne) verharren in einem merkwürdigen Schwebezustand, zwischen Kopie und drohendem Zusammenbruch.

Einblick (671)

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Miguel Rothschild: Marcius Galans Ausstellung „Line Weight“ im April. Es war eine große Freude, bei einem meiner Samstagsrundgänge durch die Berliner Galerien diese Ausstellung bei Gregor Podnar zu sehen. Der Künstler folgt der Tradition des brasilianischen Neoconcretismo und schafft mit einfachen Mitteln spielerische, sensible Arbeiten. Er nutzt unter anderem die Pannen, die beim Heimwerkeln entstehen, um daraus Kunstwerke zu schaffen, bei denen Absurdität und Humor eine wesentliche Rolle spielen.

Welches Konzert oder welchen Klub kannst du empfehlen?

Galerie Kicken Berlin

Di.-Fr., 11-18, Sa. 11-17 Uhr, voraussichtlich bis 13. 5.,

Linienstr. 158

Es ist lange her, dass ich auf einem Konzert oder in einem Klub war, obwohl ich sehr gern Musik höre, in letzter Zeit: wieder meine alten Kassetten. Auch beim Kochen.

Welche Zeitschrift/welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

„Die Geschichte der legendären Länder und Städte“ von Umberto Eco, ein illustriertes, unterhaltsames, anregendes Buch über das menschliche Bedürfnis, von Ländern und Welten zu träumen, die in der Fiktion (Kunst, Literatur . . .) Wirklichkeit werden.

Miguel Rothschild, 1963 in Buenos Aires geboren, lebt und arbeitet in Berlin. Von 1982–1987 studierte Rothschild an der Escuela Nacional de Bellas Artes in Buenos Aires. 1991–1994 Studium an der Hochschule der Künste, Berlin mit dem Abschluss Master of Arts. Seit 1994 hat Rothschild zahlreiche Einzel- und Gruppenaustellungen im In- und Ausland unter anderem im Museo de Arte Moderno und Museo de Arte Latinoamericano de Buenos Aires; Berlinische Galerie; Akademie der Künste Berlin; Kunsthalle Düsseldorf; Mücsarnok Kunsthalle, Budapest; Centro Galego de Arte Contemporánea, Santiago de Compostela; Centro Andaluz de Arte Contemporáneo, Sevilla; Ludwig Forum, Aachen.

Was ist dein nächstes Projekt?

Ich bereite gerade eine große Skulptur vor, die in meiner Heimat Argentinien im Rahmen der BienalSur gezeigt wird, und zwar in dem Park des Einwanderungsmuseums (früher: Hotel für Einwanderer) in Buenos Aires. Die Skulptur heißt „Cloud cuckoo land“ und ist eine Art Babel Turm, gebaut aus circa 900 Nistkästen in verschiedenen Größen und Formaten.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Das Kaffeetrinken morgens, vor allem wenn die Sonne scheint. Ich sitze meistens vor einem der großen Fenster in meiner Wohnung und lese dazu ein Buch. Das ist für mich die schönste Art, den Tag zu beginnen.

Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz.

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