Austausch von Kriegsgefangenen: Punktsieg für die Ukraine

Russland hat ukrainische Kriegsgefangene ausgetauscht, die in Mariopol gekämpft und als Helden gefeiert werden. Das ist eine bemerkenswerte Wende.

Eine Gruppe Soldaten. Einer davon macht mit seinen Fingern ein "V-Zeichen" für Victory

Lächelnde ukrainische Soldaten, die freigelassen wurden Foto: Uncredited/Ukrainian Security service Press Office via AP/dpa

Die Berichte über Misshandlungen durch die russische Armee reißen nicht ab. Von Folter und Hunger sprechen die ukrainischen Kriegsgefangenen, die am 21. und 22. September im Rahmen eines großen Gefangenenaustausches freigekommen sind. Ihre Erzählungen reihen sich ein in die Entdeckung eines weiteren Folterkellers der russischen Armee in Lypzi.

Der Gefangenenaustausch ist weitgehend untergegangen, da er, kurz nachdem Wladimir Putin die Mobilmachung verkündet hatte, stattgefunden hat. Und er ist ein Punktsieg für die Ukraine. Es wurden ausländische und ukrainische Kämpfer, darunter auch Kommandeure, freigelassen, die als Verteidiger der Fabrik Asowstal in Mariupol Heldenstatus haben. Ursprünglich wollte man alle in Russland in einem Tribunal verurteilen.

Auch wichtig für die Ukraine ist der Umstand, dass neben russischen Kriegsgefangenen auch der oppositionelle ukrainische Politiker Wiktor Medwetschuk an Russland überstellt wurde. Damit ist endgültig bewiesen, dass Medwetschuk wirklich Moskaus Mann in Kiew war.

Die jüngsten Freilassungen schmecken nicht allen in Russland. Öffentlich wurden sie von Scharfmacher Ramsan Kadyrow, dem Republikchef von Tschetschenien, kritisiert. So stellt sich die Frage, warum an dem Tag, an dem Putin mit der Mobilmachung weiter eskalieren ließ, der bisher größte Gefangenenaustausch seit Februar zustande gekommen ist.

Ein Grund könnte sein, dass der Kreml gehofft hatte, die Nachricht vom Gefangenenaustausch würde angesichts der Mobilmachung in den Hintergrund gedrängt. Es kann aber auch sein, dass man gehofft hatte, die eigenen Hardliner würden angesichts der bevorstehenden Mobilisierung den Gefangenenaustausch nicht kritisieren.

Eine dritte Möglichkeit ist, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut. Womöglich werden nicht mehr alle Entscheidungen von Putins Umfeld getroffen. Gezeigt hat der Austausch zudem, dass es durchaus Kanäle gibt, über Russen und Ukrainer im Gespräch sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.