Autobahnen vor einer Teilprivatisierung: Asphalt für die Riesterrente

Die Verwaltung der Autobahnen könnte bald an den Bund fallen – sehr zur Freude der Versicherungshäuser. Bürgerinitiativen schlagen Alarm.

Bagger bearbeitet den Mittelstreifen einer Autobahn.

Baggern für die Rente? Baustelle auf der A5 in Hessen Foto: dpa

BERLIN taz | | Bisher sind die Länder für die Planung und Verwaltung von Autobahnen und Bundesstraßen zuständig – so steht es im Grundgesetz. Doch das könnte sich bald ändern. Am 23. Februar wird die sogenannte Bodewig-II-Kommission ihren Bericht vorlegen. Sie war von den Ländern beauftragt worden, sich mit dem Bau und Unterhalt des Verkehrsnetzes zu beschäftigen.Die Zwischenergebnisse lassen erwarten, dass das Expertengremium eine zentrale Kapitalsammelstelle für Bundesfernstraßen als beste Variante vorschlagen wird. Bürgerinitiativen schlagen Alarm; sie befürchten eine Privatisierung des Bundesfernstraßenbaus durch die Hintertür.

Carl Waßmuth von der Initiative „Gemeingut in Bürgerhand“, der jetzt eine Studie zu dem ganzen Themenkomplex veröffentlicht hat, bezeichnet das Vorhaben denn auch als „trojanisches Pferd“. Schließlich hatte sich der Bundesrat explizit dagegen ausgesprochen, die Verantwortung für den Bundesstraßenbau nach Berlin abzugeben. Mehrere Länder lehnen es auch ab, systematisch privates Kapital für die Straßenfinanzierung einzusetzen.

Bereits im Dezember versuchte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs mit der Einrichtung einer Gesellschaft für die Bundesfernstraßen zu koppeln – doch da ließen ihn die Ministerpräsidenten der Länder noch auflaufen. „Nach Veröffentlichung des BodewigII-Berichts könnte sich die Diskussion aber bald nur noch um das ‚Wie‘ drehen und nicht mehr um das ‚Ob‘“, füchtet Waßmuth.

Teure Rechnung

Dass sogenannte Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) für Steuerzahler und Nutzer deutlich teurer werden als eine staatliche Finanzierung, haben sowohl der Bundesrechnungshof als auch mehrere Landesrechnungshöfe wiederholt klargestellt. Zum einen liegt das daran, dass die Privaten mit ihrem Investment eine Rendite erwirtschaften wollen. Zum zweiten bekommt der Staat Kredite viel billiger als die Privatwirtschaft, weil es für Banken bei einem Land wie Deutschland kein Ausfallrisiko gibt.

Doch die Schuldenbremse verhindert, dass sich der Staat für den Bau und die Restaurierung der Infrastruktur Geld leihen kann. Stattdessen sollen die Verbindlichkeiten nun in einem Schattenhaushalt versteckt werden. Es geht um riesige Summen: Experten rechnen mit einem Kapitalbedarf von 150 bis 250 Milliarden Euro in den kommenden 30 Jahren – um Schlaglöcher zu flicken, Brücken zu stabilisieren und neue Autobahnkilometer in die Landschaft zu fräsen.

Der eigentliche Grund, warum die Bundesregierung künftig systematisch und umfassend Private am Bau und Betrieb der Autobahnen beteiligen will, liegt jedoch auf einem ganz anderen Feld: Die Versicherungswirtschaft hat große Probleme, einträgliche Renditen zu erwirtschaften.

Versicherungen auf wackeligen Füßen

Viele Policen zur Alterssicherung, die vor ein paar Jahren abgeschlossen wurden, garantieren der Kundschaft jährliche Zinsgewinne von 3 bis 4 Prozent. Die aber lassen sich gegenwärtig kaum verdienen: Staatsanleihen und Pfandbriefe werfen so gut wie nichts ab.

Der Internationale Währungsfonds hat bereits im vergangenen Jahr gewarnt, dass viele europäische Lebensversicherungen kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr haben und auf wackeligen Füßen stehen. Deshalb sucht die Branche nun intensiv nach neuen, lukrativen Anlagemöglichkeiten.

Auch die Bundesregierung hat ein Interesse an einer Lösung. Auf keinen Fall will sie riskieren, dass Versicherungshäuser demnächst vor der Pleite stehen und mit Steuergeldern gerettet werden müssen; schließlich geht es auch um Millionen von Riester- und Rürupverträge.

In einer Kommission, die Bundeswirtschaftsminister Gabriel (SPD) beauftragt hatte, sich mit dem Ausbau der deutschen Infrastruktur zu beschäftigen, saßen denn auch zwei Vertreter von Versicherungen und ein Banker. Sie brüteten im vergangenen Frühjahr zusammen mit 18 anderen Experten die Idee von der Bundesfernstraßengesellschaft aus. Und die dürfte Ende Februar auf den Tisch kommen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.