BND-Affäre weitet sich aus: Weiterer Journalist bespitzelt

Neben der "Spiegel"-Reporterin wurde offenbar noch 2007 auch ein ehemaliger Korrespondent des ZDF vom deutschen Geheimdienst abgehört. Ströbele verlangt personelle Konsequenzen.

Mehr Aufmerksamkeit, als einem Geheimdienstchef lieb ist: Uhrlau im Kontrollausschuss. Bild: dpa

BERLIN ap/dpa Die Affäre um die Bespitzelung von Journalisten weitet sich offenbar aus. Wie die Berliner Zeitung schreibt, wurden möglicherweise noch im vergangenen Jahr ein weiterer in Afghanistan arbeitender deutscher Journalist ausgespäht. Der frühere ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner wurde mit den Worten zitiert, ein hoher deutscher Diplomat habe ihm im vergangenen Jahr in Kabul erklärt: "Sie müssen verstehen, dass Sie abgehört werden."

Grund für die Lauschaktion seien telefonische Kontakte gewesen, die er damals mit dem in Afghanistan entführten deutschen Ingenieur Rudolf B. gehabt habe, sagte Tilgner. "Für mich war in diesem Moment klar, dass die Gesetze, die in Deutschland gelten, von deutschen Beamten im Ausland offenbar außer Kraft gesetzt werden." Er habe in der Angelegenheit aber nicht beim Bundesnachrichtendienst (BND) um Aufklärung gebeten.

In der Affäre um die Bespitzelung einer Spiegel-Journalistin durch den BND kommt das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKG) am Donnerstag zu einer zweiten Sitzung zusammen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob und wann BND-Präsident Ernst Uhrlau von dem Fall wusste.

Grünen-Fraktionsvize Hans-Christian Ströbele sagte nach der ersten Sitzung am Mittwochabend, man werde nicht ohne personelle Konsequenzen auskommen. Der Grüne sprach von einem "Skandal" und "schwersten Grundrechtsverletzungen". Nach seiner Meinung sind die Verantwortungen klar zuzuordnen. Einzelheiten konnte er allerdings nicht nennen, weil die Mitglieder des PKG zu strengster Geheimhaltung verpflichtet sind.

Der CSU-Abgeordnete Hans-Peter Uhl sagte nach der PKG-Sitzung, es seien noch entscheidende Fragen zu klären, zum Beispiel "Wann wusste wer was?". Der Zeitung Die Welt erklärte er darüber hinaus, das Vertrauen des Kontrollgremiums "zur Leitung des BND ist parteiübergreifend nicht mehr vorhanden".

Nach Informationen der Welt hat Ströbele in der PKG-Sitzung den Rücktritt Uhrlaus gefordert. Dieser habe erklärt, er wisse erst seit rund zwei Monaten von der Ausspähaktion. Dabei soll demnach ein "Trojaner" - ein Späh-Programm - auf der Festplatte des Computers des afghanischen Ministers eingesetzt worden sein. Die Aktion sei auf Referatsleiter-Ebene durchgeführt worden.

Vertreter aller Parteien sprachen nach der Sitzung von einer schweren Krise des Vertrauens in den BND. Der FDP-Innenexperte Max Stadler betonte, der BND habe die Grundrechte der Bürger zu beachten. Deshalb müsse alles getan werden, damit sich ein solcher Vorgang nicht wiederholt.

Ursprünglich war nach Angaben von Teilnehmern geplant, die nächste Sitzung erst in zwei Wochen abzuhalten. Der Aufklärungsdruck scheint aber so groß zu sein, dass schon am Donnerstag weiter beraten wird.

Laut Spiegel überwachte der BND von Juni bis November 2006 die E-Mail-Korrespondenz der Auslandsreporterin Susanne Koelbl mit einem afghanischen Politiker. BND-Präsident Uhrlau unterrichtete Koelbl am vergangenen Freitag über die Aktion und bat um Entschuldigung. Die 42-jährige Journalistin berichtet seit Jahren aus den Krisen- und Kriegsgebieten am Hindukusch.

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