BP zahlt Milliardenstrafe wegen Ölpest: Und es wird weitergebohrt

Die Explosion der Deepwater Horizon hat das Leben an der Golfküste schlagartig verändert. Fossile Brennstoffe werden trotzdem weiter gefördert.

Brennende Ölplattform

Inferno auf der Deepwater Horizon. Foto: ap

NEW YORK taz | Der Anstieg des Aktienkurses von BP begann schon während der Pressekonferenz in New Orleans. James Caldwell, Justizminister von Louisiana, kündigte am Donnerstag an, dass der britische Öl-Konzern sowie die US-Regierung und die fünf Bundesstaaten längs der Golfküste sich geeinigt hätten: Für die größte Off-Shore-Ölkatastrophe der USA will BP abschließend 18,7 Milliarden Dollar zahlen – eine Rekordsumme. Bevor die Vereinbarung in Kraft tritt, muss noch ein Richter zustimmen.

Die BP-Konzernspitze signalisierte umgehend Erleichterung, während Umweltschützer kritisierten, dass der Konzern viel zu günstig davon komme. Meeres-Biologin Jacqueline Savitz, von der Meeresschutzorganisation „Oceana“: „Falls der Richter dies akzeptiert, müsste BP weniger als die Hälfte dessen zahlen, was das Gesetz für die Wasserschäden und anderen Zerstörungen unserer Ressourcen vorsieht.“

Die Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon am 20. April 2010 hat das Leben an der Golfküste schlagartig verändert. Elf Arbeiter starben sofort. 4,2 Millionen Barrel Öl sowie nie bezifferte Mengen von Gas strömten unkontrolliert in den Golf von Mexiko, bis das Loch nach 87 Tagen zum Versiegen gebracht werden konnte.

Nur kurze Zeit nach der Explosion kam das wirtschaftliche Leben für die Fischer und Ölarbeiter in Louisiana zum Stillstand. Auch die angrenzenden Bundesstaaten gerieten in den Sog der Katastrophe. Zwar sind die Strände längst gesäubert, doch zugleich ist klar, dass auf Jahre hinaus noch Ölreste an die Ufer schwappen können. Die langfristigen Folgen für Seevögel sowie Delfine, Meeresschildkröten, Austern, Krabben und kleinere Lebewesen im Golf sind noch nicht absehbar.

In unmittelbarer Nähe des Unglücks wird wieder gebohrt

Die US-Regierung erließ nach dem Unglück ein Moratorium für Tiefseebohrungen. Doch das ist längst aufgehoben. Inzwischen erteilt Washington auch Off-Shore-Bohrgenehmigungen für Gebiete, die 2010 noch tabu für die Ölindustrie waren, darunter die Arktis. Im Macondo-Vorkommen im Golf wird heute sogar in unmittelbarer Nähe der vor fünf Jahren außer Kontrolle geratenen Stelle erneut gebohrt.

Während der Tage der Deepwater-Horizon-Katastrophe informierte BP die US-Regierung und die Öffentlichkeit nur zögerlich und oft falsch. Dagegen steckte der Ölkonzern viele Ressourcen in seine Öffentlichkeitsarbeit: Seinen Werbeetat verdreifachte das Unternehmen nach der Katastrophe unmittelbar: Allein in den ersten Wochen bis zum 1. September 2010 gab der Konzern 94 Millionen Dollar für Werbespots aus. Während die arbeitslos gewordenen Fischer und Tourismusbeschäftigten in den folgenden Jahren auf Hilfe warteten, versorgte BP die Fernsehsender flächendeckend mit Werbefilmen, die von der Schönheit der Golf-Natur, dem sauberen Wasser und den Meeresfrüchten schwärmten.

Sie klangen, als hätte der Golf durch die Katastrophe an Attraktivität gewonnen. Selbst Louisianas Gouverneur Bobby Jindal, der seine eigene Kampagne mit Geld von der Ölindustrie finanziert hat, schimpfte 2013, BP versuche mit der massiven Werbung die Schadenersatzforderungen zu drücken.

Die jetzt getroffene Vereinbarung bedeutet für BP, dass sich seine Rechnung für die Ölpest – inklusive der bereits zuvor vereinbarten Strafen sowie der Entschädigungen an Privatleute – auf ingesamt 53,8 Milliarden Dollar belaufen wird. Erleichternd kommt für BP hinzu, dass es seine Zahlungen über 18 Jahre verteilen kann und dass große Teile steuerfrei sind.

Manche Orte nutzen das Geld für Sportstadien – statt Biotopen

Der größte Batzen der 18,7 Milliarden Dollar werden an den Bundesstaat Lousisana, kleinere Beträge an die übrigen betroffenen Bundesstaaten, sowie mehr als 400 Gemeinden und Counties gehen. Das Geld soll ausgefallene Steuereinnahmen ersetzen und die Restaurierung zerstörter Biotope finanzieren. Manche Orte wollen es aber auch nutzen, um völlig sachfremde Projekte zu finanzieren, darunter Sportstadien und Kongresszentren.

Eine Abkehr von dem Stoff, der die Katastrophe verursacht hat, ist nicht geplant. Im Gegenteil. Der Bundesstaat Louisiana investiert gegenwärtig mehr Milliarden aus öffentlichen Mitteln in Erschliessungskosten für eine Anlage für „Liquefied Natural Gas“ (LNG), als er als Entschädigung für die Deepwater-Horizon-Katastrophe von BP bekommt. Ab 2019 soll die LNG-Anlage Gas, das aus den Fracking-Bohrstellen der USA kommt, (auf ein 600stel seines ursprünglichen Volumens) komprimieren: Für den Export von der Küste Louisianas per Schiff nach Übersee.

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