Bargeld- und Benzinknappheit in Nigeria: Kämpfen um den letzten Schein

In Nigeria gelten die alten Geldscheine nur noch bis Mitternacht. Neue gibt kaum. Menschen können keine Lebensmittel mehr kaufen.

Bargeld Naira-Scheine in Nigeria in der Hand eines Mannes

Nigeria ist alles andere als bargeldlos. Weniger als die Hälfte der Erwachsenen hat ein Konto Foto: Afolabi Sotunde/reuters

LAGOS taz | Seidu Nofiu Odunayo würde seinem Sohn gerne etwas zu essen geben, wenn der später am Nachmittag aus der Schule kommt. Doch der Vater weiß nicht wie. „Ich habe überhaupt kein Bargeld mehr“, sagt der 39-Jährige, der in Oworonshoki lebt. Es ist ein dicht besiedeltes Viertel an der Lagune von Lagos, Nigerias größter Stadt. Es gibt kaum Strom. Wasser müssen die Menschen kaufen und in schwarzen Kanistern auf Lastkarren nach Hause liefern lassen. Wer nicht gerade Gemüse, Fisch oder ein paar Haushaltsgegenstände am Straßenrand verkauft, muss täglich viele Stunden in einen anderen Stadtteil pendeln, um dort zu arbeiten.

Der Alltag ist anstrengend, und jetzt kommen leere Bankautomaten hinzu. Seidu Nofiu Odunayo sagt: „Ich habe ein Konto und darauf ist auch Geld.“ Doch er kann es nicht abheben. „1.000 Naira würden mir schon helfen.“ Die sind – auf dem Schwarzmarkt getauscht – heute gerade einmal rund 1,30 Euro wert. Ihm geht es wie Millionen anderer Nigerianer*innen. Seit Wochen bilden sich vor den Geldautomaten riesige Menschentrauben. Die Situation ist angespannt. Am Donnerstag haben viele Banken bereits geschlossen und ihre Eingänge aus Sicherheitsgründen verrammelt. Alle wissen: Hier gibt es ohnehin kein neues Geld.

Ab dem 17. Februar keine alten Scheine mehr

In der Stadt Abeokuta rund 80 Kilometer nördlich von Lagos protestierten bereits Mitte der Woche Jugendliche und junge Erwachsene gegen die Situation und zündeten Autoreifen an. Eine Person wurde angeschossen.

Grund dafür ist die Entscheidung von Nigerias Regierung, neue Naira-Scheine einzuführen. Dabei haben sich die Motive gar nicht geändert, nur die Farben und das Papier. Die alten sollten anfangs nur noch bis zum 31. Januar gültig sein, bis die Umtausch-Frist um zehn Tage verlängert wurde. Am Mittwoch setzte der Oberste Gerichtshof diese zwar per einstweiliger Verfügung aus. Auch der Internationale Währungsfonds (IMF) hat die nigerianische Zentralbank (CBN) Mitte der Woche zu einer Verlängerung aufgefordert. Am Donnerstag hieß es bereits, dass nun doch bis zum 17. mit den alten Scheinen bezahlt werden kann.

Doch sicher ist nichts. Noch im Januar versuchten Menschen, ihre alten Scheine so schnell wie möglich loszuwerden. Ver­käu­fe­r*in­nen wollten sie schon nicht mehr annehmen. Gerade sind viele dankbar, überhaupt Bares zu haben. Auch Geschäfte ändern ihre Entscheidungen manchmal täglich.

Nigeria ist weit davon entfernt, eine bargeldlose Gesellschaft zu werden. Nicht einmal die Hälfte aller Erwachsenen – das Land hat eine Bevölkerung von 220 Millionen – hat überhaupt ein Konto. In Großstädten lässt sich zwar in Geschäften per Karte bezahlen, auf dem Markt und im lokalen Nahverkehr jedoch nicht. Auf dem Land geht ohne Bargeld gar nichts. Auch ist der US-Dollar anders als in anderen Ländern nie eine Parallel-Währung im Alltag gewesen.

Präsidentschaftswahl am 25. Februar

Die Regierung von Muhammadu Buhari hält aber stoisch am 10. Februar fest. Gerne heißt es, dass der „Naira Swap“, wie der Geldwechsel genannt wird, die Terrorismus-Finanzierung erschweren soll. Trotzdem kursiert in sozialen Netzwerken seit Tagen ein unbestätigtes Video, dass angeblich mehrere Terroristen mit neuen Naira-Scheinen zeigt. Auch soll die Korruption eingedämmt werden. Am 25. Februar wird in Nigeria ein neuer Präsident gewählt, Buhari tritt nicht mehr an. Für den Kauf von Wäh­le­r*in­nen­stim­men zirkulieren üblicherweise im Vorfeld von Wahlen enorme Bargeldsummen.

Dass es kein Bargeld gibt, daran sind – mal wieder – die anderen Schuld. Ein CBN-Vertreter sagte Mitte der Woche, Nigerianer*innen, die das neue Bargeld gar nicht bräuchten, würden es horten. Woran der Engpass tatsächlich liegt, weiß Seidu Nofiu Odunayo nicht. Für ihn ist nur eins klar: „Die Situation ist wirklich katastrophal.“

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