Bebauung des Tempelhofer Feldes: Steilvorlage für die Kampagne

Mit einem städtebaulichen Wettbewerb soll die Debatte um eine Randbebauung Fahrt aufnehmen. Damit fällt Schwarz-Rot hinter die Pläne von 2014 zurück.

Tempelhofer Feld am Abend

Wenn die Sonne über dem Feld untergeht, muss das noch kein schlechtes Omen sein Foto: picture alliance/dpa/Kay Nietfeld

Dass die SPD das Tempelhofer Feld gerne bebauen würde, ist nichts Neues. Auch nicht, dass sie, mit tatkräftiger Unterstützung des Koalitionspartners CDU, willens ist, das Votum des Volksentscheids von 2014 zu kassieren. Interessant dabei ist aber das Vorgehen. Das ist so dilettantisch, dass die Befürworter eines freien Feldes sich eigentlich die Hände reiben können.

Einen internationalen städtebaulichen Wettbewerb will Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt starten. International klingt natürlich gut. Und toll ist es sicher auch, wenn Bedarfe abgefragt werden. Nach Wohnraum, Gewerbeflächen und, klar, auch nach Freiflächen. Soll ja nicht alles betoniert werden, ein kleiner Innenhof darf schon bleiben auf dem Feld.

Auch einen „Prozessvorschlag“ für einen Ideenwettbewerb und entsprechende Beteiligungsformate habe Kahlfeldt in der Schublade, heißt es. Es braucht wenig Phantasie, worauf es der Senatsbaudirektorin ankommt. Es sind Bilder. Simulationen einer Bebauung entlang der Ringbahn und auf der Neuköllner und Tempelhofer Seite. Spektakuläre Bilder, die zeigen sollen, dass auf dem Feld nicht nur das Thema Wohnungsbau angepackt wird, sondern auch innovative Architektur entstehen kann.

Leider, oder zum Glück, fällt der Senat damit hinter seine eigenen Planungen aus der Zeit vor dem Volksentscheid zurück. Denn was in der derzeitigen Diskussion völlig unbeachtet bleibt, ist die Frage, wer denn überhaupt auf dem Feld Wohnungen bauen soll. Da war die von Michael Müller (SPD) damals geführte Stadtentwicklungsverwaltung schon einen Schritt weiter. Und hat den Entscheid trotzdem verloren, weil er den Gegnerinnen und Gegnern einer Bebauung nicht weit genug ging.

Ängste aus Neukölln

Damals stand fest, dass vor allem auf der Tempelhofer Seite Sozialwohnungen entstehen sollen. Bauherrinnen sollten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und Stadt und Land sowie die Genossenschaft Ideal sein. 1.700 Wohnungen sollten die drei Investoren am Tempelhofer Damm errichten, die Hälfte davon als Sozialwohnungen. Dagegen gab es, außer 100 Prozent Tempelhof, kaum etwas einzuwenden.

Ganz anders dagegen sah es auf der Neuköllner Seite aus, wo 3.000 Wohnungen gebaut werden sollten. Einen Letter of Intent wie am Tempelhofer Damm gab es für die Bebauung nahe der Oderstraße nicht. Erst kurz vor der Abstimmung versuchte Michael Müller die Wogen zu glätten und erklärte, auch dort sollen Sozialwohnungen entstehen. Müller wusste, dass die Stimmen der Neuköllnerinnen und Neuköllner womöglich entscheidend für das Ergebnis des Entscheids sein würden.

Doch mit seiner überraschenden Wendung konnte Müller nicht mehr durchdringen. Zu groß waren die Ängste vor Mietsteigerungen und Verdrängung durch den Bau von Luxuswohnungen. Angeheizt wurden sie von der mitregierenden CDU, die gefordert hatte, dass nicht nur private Investoren zum Zuge kommen sollten. Auch Eigentumswohnungen sollten gebaut werden dürfen.

Selbst wenn es Schwarz-Rot nun im zweiten Anlauf schaffen sollte, die eigenen Pläne wie auch immer zur Abstimmung zu stellen. Die Ängste werden die gleichen bleiben. Und inzwischen gibt es sogar ein Beispiel dafür, wie sich ein eigentlich sozialverträgliches Quartier in sein Gegenteil verkehren kann. Ursprünglich sollten auch am Molkenmarkt bezahlbare Wohnungen entstehen. Inzwischen aber hat Senatsbaudirektorin Kahlfeldt dem Bau teurer Wohnungen Tür und Tor geöffnet.

Kein gutes Omen für das Tempelhofer Feld. Internationaler Wettbewerb hin oder her.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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