Behörden besorgt über Religionsstreit: Rechte Karikaturen und Umsonst-Korane

Salafisten verteilen Korane und Neonazis rufen zu einem „islamkritischen Karikaturenwettbewerb“ auf. Da plagt die Sicherheitsbehörden die Sorge vor neuen Spannungen.

Eines haben die Salafisten erreicht: Man spricht über sie. Bild: dpa

BERLIN dpa | Angesichts der Koran-Verteilung radikalislamischer Salafisten wächst die Sorge vor einer Eskalation. Sicherheitsexperten äußerten am Freitag die Befürchtung, dass sich das politisch-religiöse Klima gerade vor Moscheen aufheizen könnte. Die rechtsextreme Splitterpartei Pro NRW hatte zur Landtagswahl im Mai zu einem „islamkritischen Karikaturenwettbewerb“ aufgerufen. Die Ergebnisse sollen vor Moscheen ausgestellt werden. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kündigte bereits an, das Vorhaben der Neonazi-Partei – wenn möglich – zu verhindern.

Salafisten wollen unter anderem an diesem Wochenende in mehr als 30 deutschen Städten Koran-Exemplare kostenlos verteilen. Die angeblich geplanten rund 25 Millionen Bücher sollen auch in der Schweiz und Österreich sowie über das Internet verteilt werden.

Die Bundesregierung reagierte besorgt. „Das Bundesinnenministerium nimmt die aktuellen salafistischen Bestrebungen sehr ernst“, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Salafisten seien seit geraumer Zeit im Visier der Verfassungsschutzbehörden und würden seit Ende 2010 unter anderem auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz warnte vor der Aktion. „Es geht hier um salafistische Propaganda und die Rekrutierung von Anhängern“, sagte Behördensprecher Bodo W. Becker dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Eines ihrer Ziele haben die Salafisten nach Experten-Ansicht bereits erreicht: Aufmerksamkeit. „Jeder spricht jetzt über Salafisten“, sagte der Religionssoziologe Rauf Ceylan der Universität Osnabrück. „Ihre Attraktivität für junge Menschen liegt in der Vereinfachung der Religion durch klare Verbote und Gebote. Man hat nach ihrem theologischen Verständnis zu leben, sonst kommt man nicht ins Paradies.“

„Die Salafisten lassen keine Vielfalt zu“

Der Vorstandsvorsitzende eines der größten Berliner Moschee-Vereine, der Sehitlik-Gemeinde, Ender Cetin sieht die Salafisten „als rückständige, ultraorthodoxe Strömung im Islam“, die nicht mehrheitsfähig sei. „Der Islam ist vielfältig. Das Problem ist, dass die Salafisten keine Vielfalt zulassen.“ Deshalb hätten sie in Deutschland auch keine Chance, sich durchzusetzen, sagte er.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann rief dazu auf, die Salafisten zu isolieren. „Wir sollten all jene Muslime unterstützen und bestärken, die einen modernen und weltoffenen Islam wollen.“ Der Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, forderte, auch die islamischen Verbände und die Moscheen sollten vor den Salafisten warnen.

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