Bemühungen um Feuerpause in Nahost: Hoffnungen bleiben unerfüllt

Der Hamas-Vorschlag für eine Waffenruhe lässt ein Abkommen mit Israel vorerst in die Ferne rücken. Doch es gibt auch optimistische Stimmen.

Drei Männer sitzen zusammen und reden miteinander.

Vorsichtig optimistisch gestimmt: die Vermittler aus den USA und Katar im Lusail-Palast in Doha am 6. Februar 2024 Foto: Mark Schiefelbein/reuters

JERUSALEM taz | Viele Israelis hatten in den vergangenen Tagen auf eine baldige Rückkehr der Hamas-Geiseln gehofft, viele Palästinenser auf eine dringend nötige Pause im Gazakrieg. Seit einer Stellungnahme der Hamasführung vom Dienstagabend ist jedoch klar: Die Hoffnungen werden sich vorerst nicht erfüllen. Die Terrororganisation fordert laut einem Entwurf, welcher der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, ein dauerhaftes Ende der Kämpfe und einen vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus Gaza. Die israelische Regierung dürfte einem solchen Vorschlag kaum zustimmen.

US-Präsident Joe Biden, dessen Regierung die Verhandlungen vorangetrieben hatte, kommentierte die Antwort als „ein wenig übertrieben“. Vermittler wie der katarische Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sehen den Vorschlag trotz allem vorsichtig positiv: Die Hamas sei offensichtlich an weiteren Verhandlungen interessiert.

Der Vorschlag ist eine Antwort auf ein durch Katar und Ägypten übermitteltes mehrstufiges Rahmenabkommen, dass die USA und Israel unterstützen. Im Kern schlägt die Hamas laut Reuters drei Phasen von jeweils 45 Tagen vor. Dabei sollen zunächst alle weiblichen, kranken und alten Geiseln sowie junge Männer bis 19 Jahre freikommen. Im Gegenzug würde eine bisher nicht ausgehandelte Zahl palästinensischer Kinder und Frauen aus israelischen Gefängnissen entlassen werden.

In Phase zwei und drei könnten männliche Geiseln und die Leichen der Toten zurückgegeben sowie eine Einigung für ein Ende des Krieges gefunden werden. Zudem fordert die Terrorgruppe die Freilassung von 1.500 palästinensischen Gefangenen, darunter ein Drittel mit lebenslänglichen Haftstrafen. Außerdem sollen mehr humanitäre Hilfsgüter nach Gaza gelangen. Die mehr als zwei Millionen Zivilisten dort haben kaum noch Zugang zu Essen, Wasser und Medikamenten.

31 der noch in Gaza vermuteten Geiseln sollen tot sein

In Israel wurde der Hamas-Vorschlag gemischt aufgenommen. Dem TV-Sender KAN 11 zufolge hieß es aus Regierungskreisen, Israel werde „ein Ende des Krieges nicht als Bedingung annehmen“. Andere Stimmen gaben sich optimistischer. Der Kolumnist der Zeitung Israel Hayom, Joaw Limor, schrieb: „Die Antwort der Hamas ist ein Eröffnungsangebot – ein sehr ambitioniertes, aber keines, das die Möglichkeit einer Einigung völlig ausschließt.“

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte wiederholt betont, es gebe „keine Einigung zu jedem Preis“. Israel kämpfe bis zum „totalen Sieg“ über die Hamas. Der Premier steht unter großem Druck seiner rechtsextremen Koalitionspartner, die im Falle eines Waffenstillstandes mit einer Auflösung der Regierung drohen. Dennoch dürfte die tatsächliche Verhandlungsposition Israels mehr Spielraum zulassen, auch weil bisher völlig unklar ist, wie andernfalls das zweite Kriegsziel erfüllt werden kann: die Rückkehr aller Geiseln.

Bis zuletzt wurden noch rund 130 Geiseln in Gaza vermutet. Wie die Armee am Dienstag bestätigte, sollen aber 31 von ihnen nicht mehr am Leben sein. Das dürfte die tiefen Gräben in der israelischen Gesellschaft wieder aufbrechen lassen. Während die Geisel-Angehörigen fordern, für eine Freilassung Kompromisse einzugehen, machen sich rechts-religiöse Gruppen für ein härteres Vorgehen in Gaza stark. Dazwischen steht eine Regierung, die immer mehr Akzeptanz verliert: Laut Umfrage des Israelischen Instituts für Demokratie wünschen sich fast drei Viertel der Israelis baldige Neuwahlen.

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