Berliner Sozialverbände: Freie Träger wollen mehr Geld

Den freien Träger der Sozial- und Wohlfahrtsarbeit demonstrieren gegen Sparpläne der Landespolitik. Im neuen Senatshaushalt drohen Kürzungen.

Mitarbeiter:innen der Berliner Sozialverbände demonstrieren vor dem Roten Rathaus mit selbst gebauten Transparenten

Demo gegen die Finanzknappheit bei den freien Träger der Sozial- und Wohlfahrtsarbeit in Berlin Foto: Leon Holly

BERLIN taz | Bei etlichen privaten Sozialträgern in ganz Berlin herrscht an diesem Mittwochmittag nur noch Notfallversorgung. Der Grund: Viele Mit­ar­bei­te­r*in­nen haben sich gegen 13 Uhr am Roten Rathaus versammelt, um für mehr Lohn und gegen mögliche Kürzungen im Landeshaushalt zu demonstrieren. Unter ihnen ist Jenny Preußler, die als Familienhelferin in Ostberlin arbeitet. „Wir haben uns schweren Herzens mal freigenommen, um heute gesehen zu werden“, sagt sie der taz.

Und sichtbar sind sie: Zwischen Rathaus und Neptunbrunnen stehen bei wechselhaftem Wetter über tausend Menschen, schwenken Fahnen der Arbeiterwohlfahrt, Diakonie oder Caritas. Unter anderem diese Verbände hatten zum Protest aufgerufen, ihr Motto: „#FreieTrägerAmLimit – Gemeinsam für unser soziales Berlin!“ In der Endphase der Haushaltsverhandlungen zwischen SPD und CDU fordern sie eine bessere finanzielle Absicherung. Die Linkspartei unterstützt den Protest.

„Ich bekomme immer wieder mit, wie Einrichtungen geschlossen werden, Angebote weniger werden und vor allem die Kinder und Jugendlichen darunter leiden“, sagt Jenny Preußler. Wie viele andere Mitarbeitende sozialer Einrichtungen fühlt sie sich nicht wertgeschätzt. Angestellte bei freien Trägern sollten genau wie die in staatlichen Einrichtungen entlohnt worden, lautet eine weitere Forderung der Veranstalter.

Diese Meinung teilt auch Blaise Feret Pokos: „Es ist eine Unverschämtheit von der Stadt, dass wir freie Träger nicht gleichbehandelt werden“, sagt der Geschäftsführer der Berliner Aids-Hilfe. „Wir leisten eine wichtige Arbeit, die eigentlich die Aufgabe des Staates ist. Wir finden es nicht in Ordnung, dass die Leute, die bei der Stadt arbeiten, mehr Geld bekommen.“

Überall Einschränkungen

Finanziell geht es den freien Trägern schlecht. Diakonie-Vorständin Andrea Asch verweist auf eine aktuelle Umfrage, nach der bundesweit bereits 40 Prozent der sozialen Organisationen ihre Angebote und Leistungen einschränken oder komplett einstellen mussten. „In dieser Situation denkt der Senat nicht daran, die immens gestiegenen Sach- und Personalkosten der freien Träger auszugleichen.“ Um 14 Uhr setzt sich der Demozug in Richtung Abgeordnetenhaus in Bewegung und läuft dann weiter zum Reichstag, wo er mit einer bundesweiten Demo freier Träger zusammentrifft.

Feret Pokos von der Aids-Hilfe fordert über Geld hinaus einen permanenten Dialog mit der Politik – „damit sie frühzeitig versteht, wie wichtig unsere Arbeit ist und wo die Bedarfe sind“. Die Politik müsse erkennen, dass die freien Träger nicht jedes Jahr um ihre Existenz kämpfen wollen. „Die eigentliche Aufgabe der sozialen Arbeit ist es, die Arbeit vor Ort zu leisten, für Klienten da zu sein – nicht, auf die Straße zu gehen. Wir brauchen Verlässlichkeit auf Dauer.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.