"Berliner Zeitung" trifft Montgomery: "Strunzgesund", aber "ausgequetscht"

David Montgomery, Eigner der "Berliner Zeitung", wird zum Gespräch mit Redakteuren in Berlin erwartet. Er wolle sich zu Forderungen der Redaktion lieber persönlich äußern.

Buhmann der "Berliner Zeitung"-Redaktion: David Montgomery. Bild: dpa

Eine schriftliche Reaktion aus London ist bislang ausgeblieben. Er wolle sich lieber persönlich zu den Forderungen der Redaktion der Berliner Zeitung äußern, ließ David Montgomery nur mitteilen, der Vorstandschef des britischen Mecom-Konzerns, zu dem seit 2005 der Berliner Verlag und damit auch die Zeitung gehört. Für Montag, nach taz-Redaktionsschluss, war nun ein Gesprächstermin mit den Mitgliedern des Redaktionsausschusses der Zeitung und Montgomery angesetzt, wobei im Vorfeld nicht auszuschließen war, dass der Termin noch kurzfristig verschoben würde.

Vor zweieinhalb Wochen hatte die Redaktion ihrem Eigner einen Brief geschrieben: "Die Berliner Zeitung braucht eine langfristige und publizistisch kohärente Geschäftsstrategie, die nachhaltigen Erfolg verspricht", hieß es darin. "Sollte Mecom außerstande sein, eine solche Strategie vorzulegen, fordern wir im Interesse der Zeitung und ihrer Leser, nach einem neuen, geeigneten Eigentümer für die Berliner Zeitung zu suchen."

Dass Montgomery tatsächlich eine völlig neue Geschäftsstrategie entwickelt, darf bezweifelt werden. Denn Josef Depenbrock, der Chefredakteur der Zeitung, der als Verlagsgeschäftsführer auch Montgomerys Vertreter in Berlin ist, hatte auf einer Betriebsversammlung letzte Woche laut Teilnehmern gesagt, dass der Mecom-Konzern seine Medien als dauerhafter Eigentümer weiterführen wolle.

In den deutschen Zeitungen, die zu Mecom gehören - dazu zählen etwa auch Hamburger Morgenpost und Berliner Kurier - wird jedoch kritisiert, dass Mecom - Montgomerys Versicherungen, er plane langfristig, zum Trotz - wie ein kurzfristig engagiertes Unternehmen arbeite. Die Gewerkschaften sehen in der Berliner Zeitung mittlerweile "ein Musterobjekt", wie es in der Redaktion heißt: als Beispiel für Medienunternehmen, in die Finanzinvestoren einsteigen. 2005 hatte Mecom den Verlag mit Hilfe der Investorengruppe Veronis Suhler Stevenson in den Verlag gekauft.

Der Betriebsrat kritisiert, man werde "ausgequetscht wie eine Zitrone": Die Verschuldung steige, die Eigenkapitalquote sinke, und das Kapital - eigentlich sei der Berliner Verlag "strunzgesund", sagte Betriebsratsvorsitzende Renate Gensch letzte Woche - würde abgeführt. Und die Geschäftskonstruktion von Mecom ruht auf einer fragilen Basis. Seit Mecom in einem Nebensegment der Londoner Börse notiert ist, ist der Kurs rapide gesunken, von 100 auf derzeit etwa 25 Pence.

Martin Dieckmann von der Gewerkschaft Ver.di sagt, zu erwarten sei wohl zunächst ein Konsolidierungskurs, bevor Mecom - die Strategie des Konzerns beruht auf Zukäufen und Synergien - wieder kaufen wolle.

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