Blackberry in Indien unter Druck: Delhis Datensammler wollen alles

Die indische Regierung fordert vollen Zugang zu allen Verbindungsdaten von Mobilfunkgeräten der Marke Blackberry. Der Hersteller weigert sich.

Nicht nur bei Telefonnutzern begehrt: Blackberry. Bild: ap

DELHI taz | Eine Million indischer Blackberry-Kunden zittern dieser Tage wieder, ob ihre Mobilfunkgeräte im nächsten Monat noch funktionieren werden. Denn Indiens Regierung droht dem kanadischen Blackberry-Hersteller Research In Motion (RIM) bereits zum zweiten Mal, seine E-Mail- und Messenger-Dienstleistungen abzustellen, wenn die Firma der Regierung keinen uneingeschränkten Zugang zu ihren Daten verschafft.

Im Oktober war RIM einem Verbot seiner Mail-Dienste in Indien nur knapp entronnen, nachdem das Unternehmen der Regierung versprochen hatte, bis Ende Januar eine technische Lösung für das Problem zu finden. Doch die ist offenbar noch nicht in Sicht. Denn angeblich, so behauptet RIM, seien Blackberry-Mails so sicher verschlüsselt, dass niemand, nicht einmal der Hersteller, sie einsehen könne.

Damit aber will sich Delhi nicht abfinden. Tatsächlich sind Blackberry-Nutzer in Indien die Ausnahme von der Regel. Ihnen bietet RIM einen Datenschutz, den sonst keiner hat. Denn es gibt in Indien keinen gesetzlichen Datenschutz. Der bislang einzige Versuch, ein Gesetz über das von der Verfassung gewährte Recht auf Privatheit zur Abstimmung zu bringen, scheiterte 2006 im Oberhaus.

Daher können sich die Behörden beim Abhören von Telefonieren und Mitlesen von Mails zum Teil auf laxe Uraltvorschriften aus der Kolonialzeit berufen. "Das Konzept des persönlichen Datenschutzes existiert in Indien praktisch nicht", sagt Pavan Duggal, Anwalt beim höchsten Gerichtshof in Delhi und Vorsitzender der Juristenvereinigung Cyberlaws.Net.

Doch fürchtete sich bisher kaum jemand vor dem indischen Überwachungsstaat. Der Polizei fehlten schlicht die Mittel. Seit dem Terrorangriff auf Bombay vom November 2008 mit mehr als 160 Toten ändert sich das. "Die staatliche Datenüberwachung hat dramatisch zugenommen", beobachtet Duggal. Die Regierung blockiere immer häufiger Datenströme und Computernetzwerke im Namen des nationalen Interesses. Längst würden die Behörden das nicht mehr im Einzelfall begründen.

Pech für RIM, dass bei der Vorbereitung der Anschläge in Bombay Blackberrys benutzt wurden. Sie sind Indiens neuen Datensammlern seither ein besonderer Dorn im Auge, weshalb kaum ein Experte glaubt, dass sich RIM mit einem Kompromiss aus der Affäre ziehen kann. "Hier geht es nicht mal um eine spezielle Überwachung für Blackberrys, sondern schlicht darum, dass Blackberry den bestehenden Gesetzen folgen muss", sagt der Datenschutzexperte Sarim Naved, Gründer des Alternativen Rechtsforums in Delhi, das sich für Medienrechte einsetzt.

Vielleicht fällt RIM ja doch noch eine "technische Lösung" ein. In China, wo die Datenkontrolle noch strenger ist, lancierte das Unternehmen zu Jahresbeginn gerade ein neues Gerät. In Indonesien, wo RIM sogar zwei Millionen Kunden zählt, kämpft die Firma gegen ein neues Pornoverbot im Internet. Aber noch laufen die Blackberrys.

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