Börsengang des Rekordmeisters: Manchester United an der Wall Street

Der britische Klub gilt als wertvollster Fußballverein der Welt. Jetzt will Manchester United an die Börse – allerdings nicht in London oder Singapur, sondern in New York.

Manchester United: demnächst auch an der New York Stock Exchange. Bild: dpa

LONDON rtr | Nach monatelangen Spekulationen über die Platzwahl beim geplanten Börsengang hat sich Manchester United für die Wall Street entschieden. Mit seinem Aktienmarktdebüt an der New York Stock Exchange will der von einer amerikanischen Milliardärsfamilie kontrollierte englische Fußballrekordmeister bis zu 100 Millionen Dollar einsammeln, wie am Dienstag aus dem Antrag für die Erstemission (IPO) hervorging.

Auch wenn diese Summe aus strategischen Gründen zu niedrig kalkuliert sein könnte, bleibt sie weit hinter der zunächst angepeilten eine Milliarde Dollar bei einem IPO in Singapur zurück. Auch die Börse in Hongkong hatte der Traditionsverein zunächst ins Auge gefasst, der nach der Forbes-Liste als wertvollster Fußballklub der Welt gilt. London war dagegen kein Thema.

Wegen der jüngsten Marktturbulenzen im Zuge der Euro-Schuldenkrise und des globalen Konjunkturabschwungs hatte Manchester den eigentlich für die zweite Jahreshälfte geplanten Sprung an die Börse in Singapur doch nicht gewagt. Der 19-malige englische Meister, der zuletzt seinen Titel an den Stadtrivalen Manchester City verlor, ist im Besitz der US-Familie Glazer, die in ihrer Heimat auch das Footballteam Tampa Bay Buccaneers unter ihren Fittichen hat.

Bei Experten regten sich jedoch Zweifel, wie sehr Manchester United von einer Notierung in den USA profitieren kann. Dies werde sich erst noch zeigen müssen, sagte Jay Ritter, IPO-Experte der Universität Florida. Schließlich sei Fußball in den USA nicht sehr populär.

„Der perfekte Platz wäre London gewesen.“ Doch gegen einen Börsengang in eigenen Land dürfte gesprochen haben, dass die Glazer-Familie dort beim den Fans äußerst unbeliebt ist, weil sie dem Klub mit der Übernahme im Jahr 2005 hohe Schulden aufgebürdet hat. Dieser Schuldenberg von umgerechnet mehr als einer halben Milliarde Euro (423,3 Millionen Pfund) soll mit den Einnahmen aus der Aktienemission abgetragen werden, wie aus dem Börsenprospekt hervorging.

Probleme bei der Genehmigung in Singapur

Die bis vor kurzem noch besonders umworbenen Handelsplätze in Asien waren für Manchester nicht zuletzt deswegen von Interesse, weil der Klub dort besonders viele Fans hat. Einer vom Verein selbst in Auftrag gegebenen Umfrage zufolge leben in der Region Asien Pazifik fast die Hälfte der weltweit rund 660 Millionen Manchester-Anhänger. Die Glazers waren Kreisen zufolge aber enttäuscht von den Verzögerungen bei der IPO-Genehmigung in Singapur und hätten sich deshalb nun für die USA entschieden.

Ähnlich dem zuletzt auch bei dem Onlinenetzwerk Facebook praktizierten Verfahren will die Eigentümerfamilie auch nach einem Börsengang die Kontrolle über den Verein behalten. Anders als die künftigen Miteigner hält sie Aktien mit je zehn Stimmen, die der Familie insgesamt 67 Prozent der Stimmrechte sichern.

Da sich die Gebühren für einen IPO in den USA aus dem angepeilten Erlös errechnen, könnte Manchesters Beobachtern zufolge bewusst niedrig kalkuliert haben. Als kleinerer IPO geplant könnte der Börsengang das Interesse der Anleger wecken, die den Kurs zu Handelsbeginn deutlich nach oben treiben, sagte der Finanzexperte Josef Schuster.

Schuster teilte damit nicht die Bedenken anderer Fachleute wegen der fehlenden Fußballbegeisterung in den USA. Dem Börseprospekt zufolge hat Manchester United unter anderem die Deutsche Bank und Credit Suisse als Konsortialführer ausgewählt. Morgan Stanley, in Singapur noch im Rennen, ist dagegen nicht mehr dabei.

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