Bonitätsauskunft per App: Schufa kauft Fintech für mehr Tempo

Die Auskunftei will 2023 Einsicht auf gespeicherte Daten gewähren. Damit wird die persönliche Kreditwürdigkeit abrufbar.

STempel mit Schufa Aufschrift

Aus der alten Schufa-Zeit Foto: Steinach/imago

Für die Schufa ist 2022 das Jahr der radikalen Wende: Die Auskunftei öffnet sich den Privatkunden, von deren Daten sie lebt. Im Sommer startete ein Internetprogramm, mit dem jeder und jede spielerisch ausprobieren kann, wie kreditwürdig sie oder er ist. Noch fehlt jedoch der Einblick in die Daten, die die Schufa speichert. Um mehr Tempo zu machen, kauft das Wiesbadener Unternehmen jetzt kurz vor Jahresende Fintech Bonify.

Die Berliner bieten den Wiesbadenern Zugang zu 1,5 Millionen Kunden und vor allem Technologie. „Wir sind damit deutlich schneller“, heißt es bei der Schufa. Wer bei Bonify angemeldet ist und die App des Unternehmens nutzt, soll spätestens Mitte 2023 den sogenannten Schufa-Basisscore mit den echten, bei der Schufa gespeicherten Daten einsehen können. Der Basisscore spiegelt die allgemeine Kreditwürdigkeit wider.

Ende des Jahres sollen Bonify-Nutzerinnen und Nutzer alle Daten, die die Schufa über sie gespeichert hat, kostenlos einsehen können. Für 2024 soll es dann auch möglich sein, der Schufa über Bonify bewusst Daten bereitzustellen, um die eigene Kreditwürdigkeit zu verbessern. Offenbar ein Anliegen vieler Menschen: „Wie verbessere ich meinen Score?“ ist die Frage, die Schufa-Mitarbeitern am meisten gestellt wird.

Ist zum Beispiel ein Kredit abgezahlt, muss die Schufa die Daten dazu nach drei Monaten löschen. Sie weiß dann nicht mehr, dass die Kreditnehmerin zuverlässig tilgte – ein Hinweis auf gute Bonität. Bei Bonify soll es auch möglich sein, zunächst auszuprobieren, wie sich die Kreditwürdigkeit verändern würde, wenn neue Daten an die Schufa gegeben werden. Ob es sich also lohnt, die Auskunftei mit persönlichen Finanz­in­for­ma­tio­nen zu versorgen.

Schritte in Richtung mehr Transparenz

Das Angebot, das für Bonify geplant ist, will die Schufa auch selbst anbieten, braucht dafür aber mehr Zeit. Eine App ist in Arbeit. Zunächst sollen Schuldnerberater über den kostenlosen digitalen Zugang Menschen in finanziellen Schwierigkeiten helfen können. Das Angebot der Schufa soll in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres fertig sein. Bei der App hilft Bonify bereits seit dem Sommer mit.

1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet, ist die Schufa die größte und wichtigste Auskunftei in Deutschland. Die Schufa gehört zu 27,2 Prozent den Volksbanken, die Sparkassen halten 26,4 Prozent. Andere Anteile liegen unter anderem bei der Deutschen Bank und der Commerzbank. Sie setzte mit rund 900 Mitarbeitern zuletzt 249 Millionen Euro um.

Tanja Birkholz, seit 2020 Chefin der Schufa, hat der Auskunftei deutlich mehr Transparenz verordnet. Das Unternehmen gilt vielen Kunden als undurchsichtige Datenkrake. Viele Menschen sorgen sich zudem, schlecht bewertet zu werden. Der spielerische Score-Simulator aus dem Sommer war ein erster radikaler Schritt zu mehr Offenheit. Wie genau die Schufa die Kreditwürdigkeit berechnet, wird sie allerdings nicht verraten. Die Formel ist Betriebsgeheimnis.

Sensible Daten von 68 Millionen Deutschen

Mehr als 10.000 Firmenkunden vertrauen auf die Informationen des Unternehmens für ihre Geschäfte. Über die Jahre hat die Schufa sensible Daten von 68 Millionen Deutschen und 6 Millionen Firmen gesammelt, insgesamt mehr als eine Milliarde. Auf Basis dieser Daten kann sie bei jeder Abfrage einen Score berechnen, der anzeigt, ob eine Person zahlungsfähig ist und sehr wahrscheinlich bleibt. Ohne Schufa-Daten würden rund 12 Prozent aller Kredite ausfallen, weil die ­Kreditgeber auf wenig Zahlungskräftige gesetzt hätten. Mit Schufa-Daten sind es 6 Prozent.

Bonify startete 2015 in Berlin. Das Unternehmen mit 40 Mitarbeitern will den Kunden transparent zeigen, wie kreditwürdig sie sind. Die Berliner bieten keine Bankgeschäfte, vermitteln aber Kredite, Girokonten, Gas- und Stromverträge.

Vor allem am Vermittlungsgeschäft hat die Schufa kein Interesse, wie es heißt. Zunächst solle am Geschäftsmodell Bonifys aber nichts geändert werden. Man schaue sich alles an, auch, ob die Partner der Berliner zu den hohen Sicherheits-, Daten- und Firmenstandards der Schufa passten. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. Das Geschäft soll im Januar 2023 abgeschlossen sein.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.