Bremen gegen Mönchengladbach: Der Fluch der guten Bank

Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach trennen sich 1:1. Aber dieses Mal waren es die Borussen, die in der Nachspielzeit die Partie noch drehten. Trainer Schaaf sammelte sein Team zur Trauerarbeit.

Saß in der ersten Halbzeit draußen: Der Bremer Marko Arnautovic, hier in Aktion gegen Filip Daems von Mönchengladbach. Bild: dpa

BREMEN taz | "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Jene Pragmatiker, die das Lebensmotto Helmut Kohls auch auf den Fußball anwenden, wurden in den letzten beiden Heimspielen Werder Bremens eines besseren belehrt. Zwei Unentschieden fuhren die Grün-Weißen da ein - doch unterschiedlicher hätten die Reaktionen nicht sein können.

Während der späte Ausgleich gegen Bayer Leverkusen wie ein Befreiungsschlag gefeiert wurde, versammelte Thomas Schaaf nach dem 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach seine frustrierten Mannen im Kreis zur Trauerarbeit. Denn dieses Mal war es der Gegner, der in der Nachspielzeit die Partie noch drehte. Dieses Mal fühlte sich das Unentschieden wie eine Niederlage an.

"Es ist richtig, dass sie sich heute ärgern", fasste Psychologe Schaaf anschließend zusammen, was er den Spielern mit auf den Weg gegeben hatte. "Aber mitnehmen sollen sie das Positive aus diesem Spiel". Und davon gab es tatsächlich jede Menge. Über 70 Minuten dominierten die Bremer den Tabellenletzten so deutlich wie lange keinen Gegner mehr im Weserstadion und hätten zur Pause wesentlich höher führen können.

Aber da Wagner, Bargfrede und Borowski mehrfach an der Latte oder dem hervorragenden Torwart Bailly scheiterten, blieb Wagners Kopfballtreffer in der 39. Minute die einzige Ausbeute.

Mit seiner Aufstellung hatte Thomas Schaaf einmal mehr für Verwunderung bei vielen Zuschauern gesorgt. Marko Arnautovic, Marko Marin und der wieder genesene Wesley saßen draußen, dafür gehörten mit Sandro Wagner und Tim Borowski zwei Spieler zur Anfangsformation, die bis vor kurzem niemand mehr auf dem Zettel hatte.

Nun könnten ausgerechnet sie zum Sinnbild für Werders neues Selbstvertrauen werden. "Da hat wohl jemand neue Batterien verteilt", sagte ein Zuschauer mit Blick auf das Laufpensum der beiden oft etwas lethargisch wirkenden Schlackse.

Wagner erzielte nicht nur das 1:0 in der 39. Minute - mehrfach setzte er seine Nebenleute hervorragend ein. Und Tim Borowski gab mit seinen Defensivqualitäten auch dem hinter ihm agierenden Mikael Silvestre spürbar neue Sicherheit. Bei ihren Auswechslungen in der zweiten Halbzeit wurden beide mit Standing Ovations verabschiedet - das Bremer Publikum gibt eben jedem eine neue Chance. Das sollte auch Aaron Hunt Mut machen, der diesmal verletzt fehlte.

Spätestens seit dem Spiel gegen Leverkusen hat Thomas Schaaf sein System auf Abstiegskampf umgestellt. Das komplizierte Kurzpassspiel mit häufigen Positionswechseln, das zuletzt nur noch die eigenen Leute verwirrt hatte, wurde auf Eis gelegt. Dafür regiert im Mittelfeld jetzt wieder die gute, alte Raute mit klaren Zuordnungen. Und wesentlich häufiger als sonst werden die beiden Spitzen auch mal lang angespielt - oder von außen, wie am Samstag vom erstarkten Silvestre.

Dass die "Der SVW ist wieder da"-Gesänge aus der Ostkurve doch verfrüht kamen, lag ausgerechnet an der erstmals seit langer Zeit wieder gut gefüllten Bank. Die nach 60 beziehungsweise 70 Minuten eingewechselten Marin, Arnautovic und Wesley begnügten sich nicht damit, das grundsolide Spiel ihrer Vorgänger fortzusetzen, sondern versuchten besonderen Glanz zu verbreiten. Da ein Hackentrick, dort ein Dribbling gegen vier Gegner.

Und als Wesley den Ball in der 92. Minute vertändelte und einen völlig überflüssigen Freistoß aus 20 Metern verursachte, nutzen Gladbachs beste Spieler, Arango und Dante, die letzte Chance zum Ausgleich. Anders als gegen Bayer Leverkusen und in Freiburg blieb diesmal keine Zeit mehr zurückzuschlagen. "Das wirft uns nicht um", sagte Sandro Wagner und bewies, dass er seinem Trainer gut zugehört hat: "Heute ärgern wir uns noch, aber morgen geht die Vorbereitung auf Nürnberg los."

Einen Gewinner hatte dieses Spiel dann aber doch noch: Bremens in Schieflage geratene einstige Vorzeige-Reederei Beluga Shipping, bei der Presseberichten zufolge auch einige ehemalige und aktuelle deutsche Bundesliga-Profis Gelder investiert haben. Bei jedem Eckball flimmert deren lautstarker Werbespot über die beiden riesigen Leinwände des Weser Stadions. Und Ecken gab es in diesem Spiel so viele wie selten zuvor in dieser Saison.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.