Bremer Asta knickt vor FDP ein: Linksradikale fördern!

Der Bremer Asta hätte zu Ende Gelände und der Interventionistischen Linken stehen sollen. Warum lässt er sich vom Verfassungsschutz reinquatschen?

junge Menschen stehen auf einem Flur, am Boden liegen gemalte Transparente

Früher wurde an der Universität Bremen noch protestiert. Und heute? Foto: Ingo Wagner/dpa

Lieber Asta der Uni Bremen,

eure Distanzierung von linken Gruppen im Rahmen der „kritischen Orientierungswoche“ auf Druck der FDP wirft Fragen auf. Erstens: Merkt ihr noch was? Es ist doch der Auftrag der Verfassten Studierendenschaft, die Interessen der Stu­den­t*in­nen gegenüber der Hochschule, dem Staat und der Gesellschaft zu vertreten. Diesen Anspruch habt ihr über Bord geworfen.

Die FDP hatte sich beim Bremer Senat beschwert, dass der Asta bei seiner Orientierungswoche für Erstsemester-Studierende auch linke Gruppen wie „Ende Gelände“ und die Interventionistische Linke (IL) eingeladen hat. Die führt der Verfassungsschutz unter dem Kapitel „Linksextremismus“. Na und? Der Verfassungsschutz macht viel, wenn der Tag lang ist. Die Aufklärung der NSU-Morde verhindern, jahrelang einen rechtsextremen Präsidenten an seiner Spitze dulden, rechtsextreme Strukturen mittels V-Männern ausbauen, rechte Attentäter aus den Augen verlieren oder als nicht bedrohlich einschätzen.

Warum sollte man sich von der unseriösesten aller Behörden in sein Programm pfuschen lassen? Dass die FDP das gern hätte, und auch die CDU aufspringt, ist billiger Populismus von der Oppositionsbank. Lasst euch doch nicht so leicht unter Druck setzen!

Die Uni-Leitung hätte den Asta unterstützen müssen

Im Interesse der Studierenden ist es, Erstsemester über die Möglichkeiten politischen Engagements zu informieren. Antifaschistische, postautonome und Klimagruppen gehören selbstverständlich dazu. Die Interventionistische Linke und Ende Gelände sind keine klandestinen Terrorzellen, sondern seriöse, bundesweit etablierte, linksradikale Zusammenschlüsse. Natürlich dürfen sie an Unis ihr Programm vorstellen und um Nachwuchs werben. Die kritisch denkende, emanzipierte Zivilgesellschaft dankt es ihnen hoffentlich.

Auch die Uni-Leitung müsste sich schützend vor den Asta stellen. Es gehört doch fundamental zum Bildungsauftrag der Universitäten, Studierende zum kritischen Denken und Infragestellen der bestehenden Verhältnisse zu animieren. Studierende, die das nicht möchten, können zur Liberalen Hochschulgruppe oder zum Ring Christlich-Demokratischer Studenten gehen, es steht ihnen frei.

Anders als die FDP meint, können auch Erstsemester selbst entscheiden, wohin sie sich orientieren möchten. Das ist doch zentraler Bestandteil der akademischen Ausbildung: herauszufinden, in welche Richtung man gehen möchte, Interessen vertiefen, sich entsprechend organisieren.

Zumal in Bremen! Die Uni Bremen wurde in den 1970er-Jahren als Reformuniversität gegründet. Sie stand für linke Ideen, alternative Lernkonzepte, den Bruch mit elitären Traditionen und Hierarchien. Doch dann kamen Bachelor und Master, Exzellenzinitiativen, Forschungsrankings und Drittmittel-Druck. Die ehemals „rote Kaderschmiede“ hat sich zu einer stinknormalen, neoliberalen Universität entwickelt. Umso wichtiger wäre es, selbstbewusst linksradikales Engagement zu verteidigen, wo es noch welches gibt. Es ist noch nicht zu spät, lieber Asta! Wie wäre es mit einer Veranstaltungsreihe zu „Linksradikalismus für Einsteiger*innen“?

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Jahrgang 1986, hat Kulturwissenschaften in Lüneburg und Buenos Aires studiert und wohnt auf St. Pauli. Schreibt meistens über Innenpolitik, soziale Bewegungen und Klimaproteste, Geflüchtete und Asylpolitik, Gender und Gentrification.

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