Bund-Länder-Einigung zu 49-Euro-Ticket: Deutschlandticket kann teurer werden

Bund und Länder einigen sich auf die Fortführung des 49-Euro-Tickets. Die Finanzierung steht aber nur für 2024. Und der Preis könnte steigen.

Ein Regionalzug im Hauptbahnhof

Einfahrt Regionalexpress, Berlin Hauptbahnhof Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN dpa/afp/taz | Nach wochenlangem Streit und Warnungen vor einem Aus des Deutschlandtickets haben Bund und Länder Schritte zu einer weiteren Finanzierung vereinbart. Die langfristige Finanzierung des Tickets über das Jahr 2024 steht aber weiter aus. Auch zeichnet sich ab, dass das Ticket teurer werden könnte.

Denn der grundsätzliche Streit um die Finanzierung ist weiterhin nicht beigelegt. Denn eine Einigung im Detail blieb aus. Als Notlösung sollen zunächst im Jahr 2023 nicht verbrauchte Mittel auf das nächste Jahr übertragen werden, um eventuelle Lücken zu stopfen. Unklar ist auch, ob der bisherige Preis von 49 Euro pro Monat bleiben wird.

Zunächst sollen die Verkehrsminister beauftragt werden, ein Konzept zur Weiterführung des Tickets ab 2024 vorzulegen – und zwar rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024. Dann wird das Ticket ein Jahr alt. Dafür sollen sich Bund und Länder über die weitere Finanzierung und einen Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises verständigen, „der auch eine Erhöhung beinhalten kann“.

Um das Ticket wenigstens im kommenden Jahr zu finanzieren, sollen im Jahr 2023 nicht verbrauchte Mittel auch noch 2024 eingesetzt werden können. Darauf verständigten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Montagabend in Berlin.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) begrüßte die Verständigung von Bund und Ländern und bezeichnete das Ticket nach der nächtlichen Sitzung im Kanzleramt am Dienstagmorgen als großen Erfolg. Allerdings ging er die Länder wegen des Streits um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets hart an. Die Bundesländer hätten eine „vollkommen überflüssige“ Debatte losgetreten, erklärte Wissing. „Außer einer Verunsicherung der Verbraucher haben sie damit nichts erreicht.“

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Boris Rhein (CDU) aus Hessen, sagte schon vor der Runde mit Scholz, das Ticket für Busse und Bahnen im Nahverkehr in ganz Deutschland sei ein Erfolgsmodell. „Wir wollen es weiterführen.“ Dazu einigten sich Bund und Länder nun auf ein Vorgehen – aber mit noch offenen Punkten.

Operation Umschichtung

Nach einer Verabredung von Ende 2022 schießen beide Seiten in diesem und im nächsten Jahr schon je 1,5 Milliarden Euro zum Ausgleich von Einnahmeausfällen bei Bus- und Bahnbetreibern zu. Doch Knackpunkt waren zuletzt etwaige Mehrkosten darüber hinaus. Dass Bund und Länder sie ebenfalls je zur Hälfte tragen, ist nur für das Einführungsjahr 2023 vereinbart. Verkehrsbranche und Länder forderten das lange auch für 2024. Davon war nun keine Rede mehr. Als Puffer soll ungenutztes Geld von 2023 dienen können, wozu eine Gesetzesänderung nötig ist. Mit dem angepeilten Konzept der Verkehrsminister soll „eine weitere Nachschusspflicht durch Bund und Länder“ 2024 ausgeschlossen werden.

Welche Mehrkosten es wirklich gibt, lässt sich noch nicht beziffern. Bund und Länder peilen daher eine genaue „Spitzabrechnung“ für 2023 und 2024 an, die nach Vorliegen endgültiger Daten für beide Jahre von den Ländern gemacht werden soll. Laut einer Prognose des Verbands der Verkehrsunternehmen dürften die Verluste für die Branche dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai startete. Im vollen Jahr 2024 sollen es dann 4,1 Milliarden Euro sein. Bei 6 Milliarden Euro Zuschüssen für 2023 und 2024 könnte sich unter dem Strich also eine Lücke von 400 Millionen Euro ergeben.

Die heikle Preisfrage

Dass der verlockende Start-Preis von 49 Euro einmal wie andere Tarife auch steigen kann, war prinzipiell immer klar. Doch nun kommt eine mögliche Anhebung als Finanzierungselement für 2024 konkret auf den Tisch.

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte prompt, Scholz wolle sich mit dem D-Ticket schmücken, dafür zahlen wolle er aber nicht. Das könne nicht funktionieren. „Wenn die Kundinnen und Kunden jederzeit mit einer Preiserhöhung rechnen, dann würgt das den Erfolg des Tickets ab, noch bevor es überhaupt richtig angekommen ist“, sagte Greenpeace-Expertin Clara Thompson.

Bund und Länder betonten, das Ticket weiterentwickeln, vereinfachen und digitaler machen zu wollen. Und Ziel sei auch, „mit einer erfolgreichen Umsteigeoffensive mögliche Finanzierungsdefizite so weit wie möglich zu senken“.

Wissing lobt Deutschlandticket

Bundesverkehrsminister Wissing rief die Landesverkehrsminister auf, „sachlich am Erfolg des Deutschlandtickets zu arbeiten und aufzuhören, es ohne Not infrage zu stellen“. Der Beschluss bekräftige noch einmal das im vergangenen Jahr vereinbarte Finanzkonzept und zeige, dass die von den Ländern losgetretene Debatte über die Finanzierung des Deutschlandtickets vollkommen überflüssig gewesen sei.

Er bezeichnete das Deutschlandticket als großen Erfolg. Die Länder sollten diese Chance erkennen und alles dafür tun, damit die Abo-Zahlen weiter steigen. „Die nächsten Schritte dafür sind mehr Digitalisierung des ÖPNV-Angebots, der Verzicht auf Konkurrenzprodukte und eine konsequente Vereinfachung der Strukturen.“

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