Nach Scholz-Besuch in China: Angst vor „Verzwergung“

Xi Jinping will laut Olaf Scholz eine Ukraine-Friedenskonferenz unterstützen. Chinaexperte Bütikofer warnt vor einer „Verzwergung“.

Olaf Scholz und Xi Jinping geben sich die Hand

Bundeskanzler Olaf Scholz beim Empfang durch Chinas Machthaber Xi Jinping am Dienstag in Peking Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN/BRÜSSEL taz | Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat bei seinen Gesprächen in Peking zum Abschluss seiner dreitägigen Chinareise nach eigenen Worten Fortschritte im Hinblick auf dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine erreicht. Demnach unterstütze China eine für Juni in der Schweiz geplante Friedenskonferenz, obwohl Russland eine Teilnahme daran schon abgesagt hatte.

„China und Deutschland wollen Bemühungen um Frieden in der Ukraine unterstützen und ermutigen“, sagte Scholz laut Reuters am Dienstag nach einem mehr als dreistündigen Treffen mit Präsident Xi Jinping und einem anschließenden Gespräch mit Ministerpräsident Li Qiang.

Beide Seiten seien bereit, sich über die mögliche Ausrichtung der Konferenz wie auch künftiger internationaler Friedenskonferenzen „intensiv und positiv abzustimmen“. Scholz sagte, er habe Xi gebeten, auf Russland einzuwirken, damit Präsident Wladimir Putin „seinen irrsinnigen Feldzug endlich abbricht, seine Truppen zurückzieht und diesen furchtbaren Krieg beendet“.

Wieweit Xi bereit sei, dieser seit Kriegsausbruch bekannten Forderung westlicher Regierungen nachzukommen, sagte Scholz nicht. China hatte selbst schon einmal einen vagen Friedensplan vorgelegt, den die Ukraine wie westliche Regierungen als einseitig zugunsten Moskaus ablehnten.

Betonung der Wahrung der Souveränität

Es sei gut, dass man sich auf einige Punkte verständigt habe, betonte der Kanzler jetzt. So sei er sich mit Xi einig, dass die Wahrung der Souveränität und der territorialen Unversehrtheit notwendige Grundlagen für eine nachhaltige Friedensordnung seien.

Dieses Argument nutzt Peking selbst im Umgang mit Taiwan, das es als abtrünnige Provinz China wertet und damit für Spannungen verantwortlich macht. Von Scholz war erwartet worden, Peking aufzufordern, von seinen Drohungen einer Eroberung der Insel abzusehen. Peking selbst hat den russischen Angriff auf die Ukraine und damit die Verletzung von deren Souveränität nie verurteilt.

Scholz hatte zuvor in Shanghai auch die Lieferung sogenannter Dual-Use-Güter aus China kritisiert, die sowohl zivil als auch militärisch und damit von Russland zum Krieg in der Ukraine genutzt werden können. Xi selbst hatte laut einer Erklärung Pekings gesagt, China sei weder Partei noch am Krieg beteiligt. Doch verstärkten China und Russland seit Kriegsbeginn ihre Wirtschaftskooperation und vertieften ihre strategische Partnerschaft.

Laut dpa legte Xi vier vage Grundsätze vor, um eine Eskalation des Ukraine­kriegs zu vermeiden. Demnach müssten Frieden und Stabilität mehr Priorität bekommen, mehr Mühe zur Entspannung der Lage aufgewendet und Bedingungen zur Wiederherststellung des Friedens geschaffen werden. Auch müssten negative Folgen für die Weltwirtschaft reduziert werden.

Bütikofer: „Scholz hat sich verzwergt“

Scholz wurde bei seiner Chinareise, die ihn zunächst nach Chongqing und Shanghai führte, teilweise von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (beide Grüne) und Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sowie einer Wirtschaftsdelegation begleitet.

Beide Regierungen vereinbarten einen gemeinsamen Aktionsplan zur Kooperation bei Recycling und Ressourceneffizienz. Der Plan sieht einmal pro Jahr hochrangige Treffen der Regierungen zum strategischen Dialog zur Kreislaufwirtschaft vor. Dabei geht es um Materialien wie Plastik und Metalle sowie Produktgruppen wie etwa Verpackungen oder auch Batterien. Unterzeichnet wurde auch eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit im Bereich automatisiertes Fahren.

In Reaktion auf die Kanzlerreise warnte der Europaabgeordnete und Chinaexperte Reinhard Bütikofer (Grüne) vor zu enger Anbindung Deutschlands und Europas an China. „China verfolgt langfristig keine Strategie der Partnerschaft, sondern eine hegemoniale Strategie“, sagte Bütikofer am Montagabend in Brüssel gegenüber Journalisten.

Scholz hätte daher laut Bütikofer bei seinem Besuch vor allem das Derisking, also die Verringerung von Abhängigkeiten, in den Vordergrund stellen müssen. Stattdessen habe er zunächst Wirtschaftsmetropolen besucht und schöne Bilder produziert. Außerdem habe er darauf verzichtet, chinakritische Verbände und Thinktanks mitzunehmen.

„Scholz hätte die Chance gehabt, in China als Vertreter europäischer Entschlossenheit aufzutreten. Diese Chance hat er nicht genutzt. Dadurch verzwergt er sich“, so Bütikofer.

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