Bundespräsidentschaftswahl: Linke lehnt Gauck ab

Die Linkspartei lehnt den DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck ab und kündigt einen eigenen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt an. Gauck will auch bei Union und FDP um Stimmen werben.

Er ist Realist: Joachim Gauck kennt seine Chancen, bleibt aber gelassen Bild: dapd

BERLIN afp/ reuters | Die Linke will nun doch einen eigenen Kandidaten für die Wahl des Bundespräsidenten aufstellen. Den von SPD und Grünen vorgeschlagenen Joachim Gauck will die Partei nicht unterstützen. Ein Name wurde aber zunächst nicht genannt. Unverständnis äußerte SPD Chef Siegmar Gabriel über die Entscheidung der Linkspartei. Er wisse nicht, welche Argumente "für eine demokratische Linkspartei gegen Herrn Gauck sprechen". Er könne sich nicht vorstellen, dass die Linke Gauck das Streben nach Aufklärung des DDR-Unrechts zum Vorwurf mache.

Joachim Gauck sieht sich als Bewerber "aus der Mitte der Bevölkerung". Es sei dringend notwendig, die "bittere und wirklich schwerwiegende Distanz zwischen Regierenden und Regierten überwinden", sagte Gauck am Freitag in Berlin. Er verstehe sich weder als Kandidat der SPD noch der Grünen, sondern als Mensch, der Sympathien zu unterschiedlichen politischen Richtungen habe.

Über die Mehrheit für das schwarz-gelbe Lager in der Bundesversammlung ist sich Gauck durchaus bewußt: "Ich bin Realist, ich kann auch zählen." Er habe aber in seinem Leben Dinge erlebt, die lange als unwahrscheinlich galten, sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler. Deshalb gehe er "mit fröhlicher Gelassenheit" auf den Wahltag zu. "Ich werde dastehen und mich freuen, so wird es sein", sagte der parteilose 70-Jährige, der nach der Wende zehn Jahre lang die Stasiakten-Behörde geleitet hatte. Union und FDP, die den niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff zum Nachfolger von Bundespräsident Horst Köhler vorgeschlagen haben, verfügen in der Bundesversammlung über eine komfortable Mehrheit von gut 20 Stimmen.

Bis zur Wahl am 30. Juni werde er gerne mit der Union und der FDP sprechen, wenn dort Interesse bestehe, sagte Gauck. Er habe zahlreiche Verbindungen in diese Lager. Mit Blick auf die Linke, die seine Kandidatur nicht unterstützt, sagte er, er freue sich über jeden in dieser Partei, der politische Aufklärung so schätze wie er es tue.

SPD-Chef Sigmar Gabriel bedauerte, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht für Gauck als parteiübergreifenden Kandidaten entschieden hatte. Der Unterschied zu dem von Schwarz-Gelb ausgewählten Bewerber Christian Wulff sei: "Joachim Gauck bringt ein Leben mit in seine Kandidatur, in sein Amt, und der Kandidat der Koalition bringt eine politische Laufbahn mit."

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, Merkel habe sich "leider für innerparteiliche Logik entschieden". Er rechnete mit Blick auf die Abstimmung am 30. Juni aber auch mit einigen Stimmen aus dem Koalitionslager für Gauck. Er denke dabei vor allem an Unionspolitiker aus dem Osten, "die sich sehr ernsthaft überlegen werden, ob sie der innerparteilichen Logik oder ihrem Herzen, ihrem Verstand folgen wollen".

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