Bundesverwaltungsgericht zu Kreuzerlass: Bayerische Kreuze siegen in Leipzig

Der Bund für Geistesfreiheit wollte die Neutralität in Bayerns Behörden. Doch beim höchsten deutschen Verwaltungsgericht ist er damit gescheitert.

Markus Söder vor einem Holzkreuz, das an einer Wand hängt

Es ist ein Kreuz mit Markus Söder, und es kann bleiben, urteilt das Leipziger Verwaltungsgericht Foto: Frank Hoermann/imago

FREIBURG taz Es geht hier nicht um eine uralte bayerische Tradition. Dass in bayerischen Behörden Kreuze hängen müssen, hat Markus Söder als frisch ins Amt gekommener Ministerpräsident erst im Frühjahr 2018 durchgesetzt, ein halbes Jahr vor der Landtagswahl. „Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen.“ So steht es seither in § 28 der Allgemeinen Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaates Bayern (AGO).

Die Kreuzpflicht gilt unmittelbar für alle Landesbehörden, also Ministerien, Gerichte, Polizeistationen und Schulen. Aber die Landesregierung empfiehlt auch Städten, Gemeinden und Landkreisen das Anbringen von Kreuzen.

Gegen Söders Manöver gab es sofort lauten Widerspruch. Vermutlich war das vom Medienprofi Söder sogar intendiert, weil erst die Proteste den Kreuzerlass so richtig bekannt machten. Speerspitze des Protestes war der bayerische Bund für Geistesfreiheit (BfG), eine religionskritische Organisation, die gemeinsam mit 25 Privatpersonen, darunter der Liedermacher Konstantin Wecker, vor Gericht zog. Der Erlass verletze die staatliche Neutralität, die Kreuze sollen abgenommen werden, so die Klagen.

Im Juni letzten Jahres entschied der Verwaltungsgerichtshof (VGH) München. Der Kreuzerlass „verstößt gegen die Pflicht zur weltanschaulich-religiösen Neutralität“. Das Kreuz sei „Symbol einer religiösen Überzeugung“ und nicht nur Ausdruck der vom Christentum mitgeprägten abendländischen Kultur.

Ohne missionierende Wirkung

Dennoch wurden die Klagen bereits letztes Jahr abgelehnt. Die amtlichen Kreuze verletzen keine subjektiven Grundrechte, so der VGH. Das Kreuz im Eingangsbereich einer Behörde sei nur ein „passives Symbol ohne missionierende Wirkung“. Der Eingangsbereich einer Behörde werde meist schnell durchschritten. Be­hör­den­be­su­che­r:in­nen seien mit dem Kreuz „nur flüchtig konfrontiert und können Abstand halten“.

Gegen das Urteil konnte nur der BfG Revision einlegen. In der mündlichen Verhandlung vorige Woche machte BfG-Anwalt Hubert Heinhold eine Benachteiligung gegenüber den christlichen Kirchen geltend. Die Bayerische Regierung mache unverhohlen Werbung für die christliche Religion und diskriminiere damit alle anderen Religionen und Weltanschauungen. „Stellen Sie sich vor, das Land schreibt vor, dass im Eingangsbereich jeder Behörde ein BMW-Signet anzubringen ist – angeblich als Symbol des technologischen Fortschritts. Da wären doch alle anderen Auto-Hersteller diskriminiert“, argumentierte Anwalt Heinhold.

Auch der Vertreter Bayerns, Generallandesanwalt Jörg Vogel, war mit dem VGH-Urteil nicht zufrieden. Das Land könne den Vorwurf nicht akzeptieren, man habe den Verfassungsgrundsatz der Neutralität verletzt.

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ging an diesem Dienstag ganz im Sinne Bayerns aus. Weil der VGH eine Werbewirkung des Kreuzes im Eingangsbereich von Behörden verneint hatte, sah sich das Leipziger Gericht an diese Tatsachenfeststellung gebunden. Daher seien Grundrechte des Bunds für Geistesfreiheit nicht verletzt.

Im entscheidenden Punkt wich das Bundesverwaltungsgericht dann aber von der Vorinstanz ab. Das Neutralitätsgebot verlange vom Staat nicht den Verzicht auf religiöse Symbole, sondern verpflichte ihn nur zu „Offenheit“. Wie ja im Kreuzerlass stehe, identifiziere sich der Staat durch die Amts-Kreuze nicht mit „christlichen Glaubenssätzen“, sondern weise nur auf die geschichtliche und kulturelle Prägung Bayerns hin. Die Anbringung von Kreuzen stehe daher „der Offenheit des Staates gegenüber anderen Bekenntnissen und Weltanschauungen nicht im Weg“, verkündete die Vorsitzende Richterin Susanne Rublack.

Assunta Tammelleo, die Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit, kündigte an, der BfG werde nun wohl das Bundesverfassungsgericht anrufen.

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