Bundeswehr-Mandat in Afghanistan: Wann soll der Abzug beginnen?

Im Januar muss das Mandat der Bundeswehr verlängert werden. Der Streit beginnt schon jetzt: SPD und Grüne wollen, dass der Abzug 2011 beginnt.

Deutschland ist weit weg: Soldaten in Afghanistan. Bild: dpa

BERLIN taz | Ein wenig Hektik ist schon spürbar unter den Verteidigungspolitikern, bevor im Januar das Afghanistan-Mandat der Bundeswehr verlängert werden muss. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Termin wegen der anschließenden Reihe von Landtagswahlen extra nach vorne verlegt und damit die Sozialdemokraten ins Grübeln gebracht: Die überlegen nun, wie sie auf den neuen Termin reagieren. Eins steht bereits fest: Eine Zustimmung zum neuen Mandat will sich Parteichef Sigmar Gabriel teuer abkaufen lassen.

Die Entscheidung rückt näher, und auch Angela Merkel gerät vor dem Nato-Gipfel zunehmend unter Druck. Sie muss liefern. Dabei sollte es in Lissabon eigentlich vorrangig um die neue Nato-Strategie gehen. Streitpunkt beim Thema Afghanistan ist besonders die Frage, ob ein Abzug schon im kommenden Jahr beginnen kann. Dies ist die Forderung von SPD und Grünen, die Linkspartei lehnt den Einsatz grundweg ab.

Doch bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt einigten sich die beteiligten Ministerien auf eine Verlängerung des Mandats von aktuell 5.000 Soldaten plus 350 Reservesoldaten – den Beginn eines physischen Abzugs sieht die Bundesregierung nicht vor. Dabei hat selbst der Bundeswehrverband eingestanden, dass der Beginn des Abzuges schon 2011 möglich wäre.

Endgültig entschieden ist dies aber nicht. In dieser Woche wurde es in Regierungskreisen für möglich gehalten, dass Merkel doch noch symbolisch den Abzug im Jahr 2011 beginnt – durch den Abbau bestehender Überkapazitäten.

Dass Merkel vor dem Nato-Gipfel beim Thema Afghanistan unter Druck geraten ist, liegt vor allem am mächtigen Bündnispartner USA, bei dem Präsident Barack Obama seit seiner Niederlage bei den Kongresswahlen noch genauer aufs Volk hören muss. Und das hat den Krieg in Afghanistan mehr als satt. "Ich hoffe auf den Druck der Wahlen", sagte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele der taz.

Für den Nato-Gipfel wird daher erwartet, dass Obama präzisere Abzugspläne vorlegt als bisher angenommen. 2014 ist das Jahr des endgültigen Rückzugs für die USA, im kommenden Jahr soll er beginnen. Ebenso sollen erste Provinzen in die Verwaltung der Afghanen übergeben werden.

Da auch innerhalb der europäischen Partnerländer der Rückhalt für den Einsatz sinkt, spürt auch die Opposition im Bundestag Rückenwind für einen schnellen Abzug. "Merkel muss aufpassen, dass sie nicht zur Nachhut der Nato wird", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels der taz, "überall sonst wird diskutiert, wie eine Übergabe in Verantwortung umsetzbar ist."

Seine Fraktion hat sich bereits darauf festgelegt, von der Bundesregierung einen klaren Fahrplan zu verlangen. "Im Einklang mit den anderen Nato-Staaten müsste der Beginn des Abzugs im Jahr 2011 möglich werden", sagt Bartels. Legt Merkel den geforderten Plan nicht vor, wolle die SPD spätestens ab 2012 keiner Mandatsverlängerung mehr zustimmen, heißt es in der SPD.

Die Option ist verführerisch, denn spätestens die Mandatsverlängerung 2012 wird vom kommenden Bundestagswahlkampf geprägt sein. Und je länger die SPD nach Gewinner-Themen sucht, desto mehr wird es Parteichef Gabriel in den Fingern jucken, sich bei Afghanistan der Öffentlichkeit als Friedensbringer zu präsentieren.

Auch die Grünen fordern Zugeständnisse. "Wir wollen eine klare Abzugsperspektive, Zusagen beim Polizeiausbau und eine Offensive im zivilen Bereich", sagt Verteidigungsexperte Omid Nouripour. Die Verteidigungspolitiker der Grünen-Fraktion erwarten dennoch, dass die Anzahl der ablehnenden Stimmen in jedem Fall steigen wird - vor allem, wenn die Bundesregierung nicht bereit ist, auf alle Forderungen einzugehen.

In den Regierungsfraktionen ist man sich des Risikos bewusst, auch was die Abstimmung im Januar angeht. Vorsorglich gehen die Verteidigungsexperten in die Offensive. "Ich hätte kein Verständnis dafür", sagte die FDP-Politikerin Elke Hoff, "dass sich die Fraktionen, die den Einsatz begonnen haben, jetzt in schwieriger Lage einen schlanken Fuß machen."

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