CDU streitet über Mindestlohn: Wirtschaftsflügel kampfbereit

Christdemokratische Mindestlohn-Gegner wollen auf dem Parteitag eine Lohnuntergrenze verhindern. Auch die Jungen Union ruft zum Widerstand auf.

Geschäft trotz Dumpinglöhne? Da stimmt das Geschäftsmodell nicht. Bild: dapd

BERLIN taz | Die CDU wird sich zum Mindestlohn einer Kampfabstimmung stellen müssen. Der Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung CDU/CSU, Josef Schlarmann, erteilte einer flächendeckenden Lohnuntergrenze am Dienstag eine Absage und kündigte zum CDU-Parteitag Mitte November "divergierende Anträge" an. Damit will der Wirtschaftsflügel Bestrebungen in der CDU ausbremsen, für tarifvertragsfreie Zonen einen Mindestlohn einzuführen, der sich an der Lohnuntergrenze in der Leiharbeit orientiert. Dort liegen die Bruttostundenlöhne derzeit bei 7,01 Euro (Ost) und 7,89 Euro (West).

Auch Philipp Mißfelder, Chef der Jungen Union, rief seine Organisation zum Widerstand gegen einen Mindestlohn auf und appellierte an den Wirtschaftsflügel, Gleiches zu tun: "Jetzt ist die Stunde für den Wirtschaftsflügel gekommen, sich der Diskussion zu stellen und standhaft zu bleiben. Die Union wird nicht gewinnen, wenn sie nur von einem Flügel getragen wird."

Rückendeckung erhalten die Mindestlohngegner in der Union von den Arbeitgebern: Sowohl der Zentralverband des deutschen Handwerks als auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) sprachen sich gegen eine allgemeine Lohnuntergrenze aus. Auch Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, warnte: "Zu hohe Mindestlöhne bremsen Beschäftigung und fördern Schwarzarbeit. Außerdem erschwert ein solcher politischer Mindestlohn den Einstieg für Geringqualifizierte in Arbeit."

Dienstleister besonders betroffen

Dem widerspricht unter anderem die Opposition. "Diese Argumente werden immer wieder bemüht, sind aber falsch", sagte Sabine Zimmermann, Arbeitsmarktpolitikerin der Linksfraktion. Schließlich habe in der Gebäudereinigerbranche, wo traditionell viele Niedrigqualifizierte beschäftigt werden, die Arbeitslosigkeit nach Einführung eines Branchenmindestlohns von derzeit 7 und 8,55 Euro (Ost/West), nicht zugenommen. "Durch einen Mindestlohn erhalten auch Arbeitgeber eine Sicherheit, nicht ständig unterboten zu werden", sagte Zimmermann zur taz.

Niedriglöhne werden derzeit vor allem in der Dienstleistungsbranche bezahlt - im Friseur-, im Fleischer- oder Hotel- und Gaststättengewerbe. Laut der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) bildet Mecklenburg-Vorpommern dabei im Hotel- und Gaststättengewerbe das tarifliche Schlusslicht. Der Einstiegslohn für Ungelernte liege bei 6,29 Euro die Stunde, in Baden-Württemberg würden hingegen 9,10 Euro bezahlt.

Uwe Barsewitz, Sprecher der Dehoga in Mecklenburg-Vorpommern, sieht aber keinen Spielraum für einen höheren Mindestlohn: "Wenn der käme, würde ein Teil der Mitarbeiter entlassen - oder keine Leute mehr eingestellt." Bei der NGG kann man das nicht nachvollziehen: "Wenn Arbeitgeber nur über die Runden kommen, weil sie Dumpinglöhne zahlen und der Staat ,aufstocken' muss, stimmt das Geschäftsmodell nicht", sagte NGG-Vorsitzender Franz-Josef Möllenberg der taz.

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