Chinesischer Bürgerrechtler verurteilt: Dreieinhalb Jahre Haft für "Subversion"

Bürgerrechtler Hu Jia muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Er setzte sich für HIV-Infizierte und Umweltschutz in China ein. Menschenrechtler sind entsetzt.

Polizisten riegeln das Gerichtsgebäde ab, in dem der Prozess gegen Hu Jia stattfindet. Bild: reuters

BERLIN taz Der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia ist am Donnerstag von einem Gericht in Peking wegen "Aufrufs zur Untergrabung der Staatsgewalt und des sozialistischen Systems" zu dreieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der 34-jährige Menschenrechts-, Umwelt- und Aidsaktivist war Ende Dezember verhaftet worden. Zuvor hatte er monatelang unter Hausarrest gestanden. Konkret wurden ihm kritische Artikel in ausländischen Medien und Interviews mit ausländischen Journalisten zur Last gelegt, wie sein Anwalt Li Fangping mitteilte. Hu hatte darin auch einen Zusammenhang zwischen Menschenrechtsverletzungen und den Olympischen Spielen hergestellt.

Anwalt Li hatte ursprünglich eine fünfjährige Haftstrafe befürchtet. Hus Verhaftung war bei Menschenrechtsorganisationen auf scharfe Kritik gestoßen, da er allein wegen seiner Meinung verfolgt werde. Zum Verfahren waren keine ausländischen Diplomaten oder Journalisten als Beobachter zugelassen. Es blieb zunächst offen, ob Hu wie von seinem Anwalt empfohlen in Berufung gehen wird.

Die Sprecherin der US-Botschaft in Peking, Susan Stevenson, sagte zum Urteil: "Wir sind bestürzt." Sie sprach von einer "fadenscheinigen Anklage" und sagte, Außenministerin Condoleezza Rice habe sich persönlich für Hu bei ihrem chinesischen Amtskollegen Yang Jiechi eingesetzt. Premier Wen Jiabao hatte erklärt, China sei ein Rechtsstaat. Der Fall Hu werde "nach dem Gesetz" entschieden.

Der China-Experte von amnesty international (ai), Mark Allison, bezeichnete das Urteil "als Warnung an all jene Aktivisten in China, die es in Zukunft wagen sollten, Menschenrechtsverletzungen öffentlich anzusprechen". Hus Verurteilung widerspreche Pekings Zusagen, dass sich die Menschenrechtslage vor den Spielen im Sommer bessern werde. Allison forderte Hus sofortige Freilassung.

Mit dem Urteil bestätigt China einen neuen ai-Bericht. Darin wirft die Organisation Chinas Regierung vor, im Vorfeld der Olympischen Spiele gezielt gegen Menschenrechtsaktivisten vorzugehen, um den Eindruck von Harmonie zu erzeugen. "Die gegenwärtige Welle der Repression findet nicht trotz der Olympischen Spiele statt, sondern gerade wegen ihnen", heißt es in dem Bericht. Er dokumentiert konkrete Einzelfälle. So war zum Beispiel erst kürzlich der Landrechtsaktivist Yang Chunlin, der unter der Forderung "Menschenrechte und keine Olympischen Spiele" Unterschriften gesammelt hatte, zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Kurz vor Veröffentlichung des ai-Berichtes hatte Chinas Außenamtssprecher Jiang Yu Kritik der Menschenrechtsorganisation abgetan und ihr "Voreingekommenheit" vorgeworfen.

ai fordert Druck auf Peking: "Es ist höchste Zeit, dass das Internationale Olympische Komitee die Regierungen dieser Welt, aber auch Sponsoren wie adidas oder Volkswagen ihren Einfluss geltend machen und öffentlich einen Wandel fordern", sagte die Generalsekretärin der deutschen ai-Sektion, Barbara Lochbihler.

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