Daddy Issues: Hat Papa mich lieb?

Die heimliche Frage, die toxische Männer umtreibt. Diese Woche: Prigoschin, Reichelt, Rubiales, AfD-Wähler. Dann lieber Geschlechtseintrag abschaffen.

Flugzeug fällt vom Himmel und zieht Rauchspur nach sich

Mit väterlichem Klapps vom Himmel gefegt? Das Flugzeug in dem Jewgeni Prigoschin ums Leben kam Foto: IMAGO/Gray_Zone

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Trump sammelt Spenden mit seinem Polizeifoto.

Und was wird besser in dieser?

Friedrich Merz erwägt, falsch zu parken.

Prigoschin ist offenbar tot. Was bedeutet das für die Wagner-Gruppe?

Dass lärmende Dummheit einer beruflichen Perspektive als Mörderbandenboss nicht im Wege steht. Sowohl der bizarre „Marsch auf Moskau“ wie auch die Fahrlässigkeit, mit der kompletten Führungsriege in ein leichtes Ziel zu klettern: Beides erklärt sich mit der kindischen Fieberei „der Papa muss mich doch lieb haben“. Also, leider, toxische Männlichkeit im Endstadium: Morden, und das im Vertrauen, dafür gäbe es am Ende einen väterlichen Klapps von Putin. In gewisser Hinsicht: Ja. Peng. Den Verschwörungstheorien, die sich darüber türmen werden, ist keine hinzuzufügen – sicher nur: Legionäre wird es weiter geben.

Das Selbstbestimmungsgesetz wurde nach langen Debatten auf den Weg gebracht. Künftig soll jeder Mensch ab 14 Jahren seinen Geschlechtseintrag und Vornamen selbst festlegen können. War das nicht längst überfällig?

Großer Knobelspaß: Wozu überhaupt Geschlechtseinträge? Überkommen aus Gesellschaften, die Menschen bei Geburt in Stammhalter und Na-ja-halt-Mädchen sortierten. Heute soll es von Kita über Schule, Ausbildung, Beruf keine Rolle mehr spielen, und eine grobe Peilung für Neugierige geben die Vornamen. Wir schleppen in Ausweis und Behördendaten ein Altertümchen mit uns herum. Eltern und Umfeld schubsen uns mehr oder minder verbindlich in eine Geschlechterrolle, mit 18 sollte man das selbst entscheiden können. Vorher finde ich es wagemutig. Dahinter liegt das Traumland, in dem es nicht mehr so verzweifelt wichtig sein wird.

Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt und der Springer-Verlag haben sich nach der Millionenklage außergerichtlich geeinigt. Reichelt sagt, dass er die Weitergabe der Chats bedauere. Ist ihm zu trauen?

Reichelt hatte zwei Unterlassungsklagen angestrengt, um genau die Aussage, er habe Chats weitergegeben, verbieten zu lassen. Und verloren. Er bedauert also, getan zu haben, wovon er vorher bestritt, es getan zu haben. Bild Dir Deine Meinung. Interessantes Detail: Springer wollte seine Abfindung zurückhaben: 2 Mio €. Reichelt schürt gern Empörung über Politikerdiäten und Gehälter im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Nun hat man einen Eindruck von seinen Bezügen. 2017 bat er den Mediendienst „Kress“, sein Salär nicht zu outen, weil es „das Risiko finanziell motivierter Straftaten gegen seine Familie erhöhen würde“. Da könnte wiederum etwas dran sein.

Nach dem Kuss-Eklat bei der Siegerehrung der Frauen-WM geriet der spanische Fußballchef Louis Rubiales in die Kritik. Ausgerechnet für das „Nur Ja heißt Ja“-Land Spanien ein Schock. Wie kann die Situation gerettet werden?

Um Zwangsküsse zu ächten, hätte ungefähr der Wertekanon eines klassischen Gentleman vor 200 Jahren ausgereicht.

Einer Studie zufolge leiden AfD-Wäh­le­r:in­nen am meisten unter der Politik der Rechtspopulisten. Wie kann man dieses Paradox erklären?

Der Generalbass „Wir sind die Mehrheit“, der von Radikalinskis aller Schattierungen gern behauptet wird, birgt die Erklärung. Er suggeriert, dass man endlich mal völlig Recht bekomme. Tatsächlich unterscheidet sich dieses „Recht“ von Person zu Person. Kurz: Die werden sich untereinander die Schädel einschlagen, wenn sie drankommen, und in den Parteiführungen tun sie’s schon jetzt. Die Kritik an der Autorität handelt von der Sehnsucht nach einer noch stärkeren Autorität. Viele meinen damit sich.

Die Brics-Staaten erweitern sich um sechs Länder, sodass sich die Allianz der Schwellenländer mehr als verdoppelt. Welche Auswirkungen hat das auf den Westen?

Mit Brasilien, Indien, China und Südafrika saßen vier Regierungen am Tisch, die jeweils eigene Verhandlungsinitiativen zur Ukraine-Katastrophe ergriffen haben. Die deutsche Außenpolitik rechnet es sich als Verdienst an, dass der Adressat – Putin – wegen internationalen Haftbefehls nicht einreisen konnte. Ob ein vollständiger Gipfel Schritte zum Frieden gebracht hätte, steht dahin. Dass Deutschland sich rühmt, eine Gesprächschance maßgeblich vereitelt zu haben, ist neu. Aus Sicht der Brics-Staaten ist wertebasiert und werteblasiert schwer zu unterscheiden.

Und was machen die Borussen?

Die fehlenden Punkte zum Titel hatte der BVB im April in Bochum liegen lassen: 1 zu 1. Die Rache nun war schrecklich: 1 zu1.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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