„Das letzte Feuer“ im Theater Bremen: Bildhübsch – und kaum zu ertragen

Am Theater Bremen legt Alize Zandwijk eine Schneedecke über „Das letzte Feuer“ von Dea Loher. Behaglicher wird die Tragödie dadurch allerdings nicht.

Schauspielerin kniet auf Theaterbühne im Schnee vor einer Badewanne

Kein Stück für gute Laune: Dea Lohers „Das letzte Feuer“ in Bremen Foto: Jörg Landsberg/Theater Bremen

BREMEN taz | Das Kind ist tot, die Welt steht still: in Dea Lohers Erfolgsstück „Das letzte Feuer“ nicht nur für die Eltern, sondern sogar gleich für alle. Da wäre die Polizistin, die das Kind überfährt, weil sie sich einem Terroristen auf der Spur wähnt. Tatsächlich hat sie einen führerscheinlosen Hallodri gejagt, der sich heute genau so sehr die Schuld gibt wie Frau Karoline, der das Auto eigentlich gehört – und die es dem Fahrer stillschweigend überlassen hatte.

Hier sind noch ein paar andere Figuren verstrickt, und die das ohnehin beklemmende Bild noch erweitern um Krebs, Demenz, Traumata, Gewalt und allerlei zwischenmenschliche Grausamkeiten. Nein, fröhlich wird’s an diesem Theaterabend nun wirklich nicht, aber das ist auch kein Wunder bei diesem Stoff.

Überraschungen bleiben in Alize Zandwijks Inszenierung am Bremer Theater auch sonst die große Ausnahme. In ihrer unverwechselbaren Handschrift überführt die Regisseurin das ohnehin streng durchkonstruierte Figurenensemble in ein statisches Bild, eine Schneelandschaft mit einigen wenigen Requisiten aus „alten Zeiten“: Einen hölzernen Schlitten gibt es, ein Paar Gummistiefel, einen alten Ofen.

Es ist zu unbestimmt, um entlastenden Kontext zu stiften, trieft dafür aber geradezu vor Nostalgie, Trauer und Wehmut, aus denen Matti Webers Musik vom Bühnenrand her noch die letzten Gemeinheiten herauskitzelt.

Gemächlich in den Abgrund

So dreht sich alles im Kreis, oder vielmehr: Es rollt in einer Abwärtsspirale ganz gemächlich der Katastrophe entgegen.

Der Unfall selbst ist schon einige Zeit her und wird auf der Bühne auch nur indirekt erzählt. Aber er drängt immer wieder an die Oberfläche, dieser Tag im August, nicht zuletzt, weil Irene Kleinschmidt als beklemmend lebensechte Demenzkranke immer wieder fragt, wo denn eigentlich der kleine Edgar stecke. „Was, tot? Warum?“ Dass der Tod des Kindes keinen Sinn hat, ist allen so klar, wie es die schicksalhaften Strippen sind, an denen er eben doch bei jeder und jedem zieht und zuppelt.

Schauspielerisch ist der Abend grandios. Nicht nur wegen der emotionalen Tiefen, die hier ganz besonders Nadine Geyersbach und Guido Gallmann miteinander ausloten, sondern auch, weil das wirklich anspruchsvolle Tempo läuft, sich immer wieder wunderschöne szenische Miniaturen aus dem scheinbar endlosen Trauersprech entwickeln, nur um wieder pulverisiert und folgenlos aufzugehen im Schneegestöber. Wunderschön und folgenlos, das gilt im Guten wie im Schlechten wohl für den ganzen Abend.

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