Daten-CD: Möllring kauft Sünder-Datei

CDU-Minister entschied ohne Rücksprache mit schwarz-gelbem Kabinett. Der Koalitionspartner FDP findet, das nächste Mal müsse eine rechtliche Prüfung vorausgehen.

Entscheidet einsam: Finanzminister Hartmut Möllring (CDU). Bild: dpa

Der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring hat sich über moralische Bedenken hinweggesetzt und eine Steuersünderdatei gekauft. Zusammen mit dem Bund erwarb Niedersachsen eine CD mit 20.000 Datensätzen. Sie enthalten Angaben zu Schweizer Konten, auf denen Deutsche ihr Geld vor dem Fiskus versteckt haben. Auf niedersächsischer Seite entschied Möllring im Alleingang: "Die Steuererhebung ist Sache des Finanzministers", sagte er. Christian Dürr, Fraktionschef des Koalitionspartners FDP, verlangte für das nächste Mal eine Absprache.

Die Steuersünderdatei war Anfang des Jahres bereits Baden-Württemberg angeboten worden. Die CDU-FDP-Koalition in Stuttgart hatte den Kauf abgelehnt, weil die Liberalen rechtliche Bedenken hatten. Gleichwohl will der CDU-Finanzminister Willi Stächele die jetzt erworbenen Dateien nutzen: Selbstverständlich werde das Land auf die Informationen zurückgreifen, wenn es darum gehe schwäbische und badische Steuersünder ausfindig zu machen, tat er kund.

Auch den niedersächsischen Liberalen ist nicht wohl beim Erwerb der CD. "Wir sind eine rechtsstaatliche Partei", sagte der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Christian Grascha. "Wir würden uns wünschen, dass man künftig vor einer Entscheidung abklopft, ob der Ankauf rechtlich in Ordnung ist." So eine Datei könne auf verschiedenen Wegen in staatliche Hände gelangen. Es komme darauf an, wer die Daten anbiete, wie er an sie herangekommen sei und wie der Staat sie erwerbe.

"Herr Möllring hatte keine verfassungsrechtlichen Bedenken", sagt dessen Sprecher. Außerdem werde so ein Fall wohl kaum ein zweites Mal vorkommen. Auf den Vorwurf der Hehlerei angesprochen, beruft sich der Finanzminister auf das Gebot der Steuergerechtigkeit. Es sei ehrlichen Steuerzahlern kaum zuzumuten, dass Steuerbetrüger ungeschoren davonkämen.

In Deutschland wäre eine solche CD schlicht beschlagnahmt worden. "Da sie uns im Ausland angeboten wurde, konnten wir nur entscheiden, sie zu erwerben oder aber die Chance auszuschlagen, Steuersünder dingfest zu machen", sagt Möllring.

"Auch wir sind für Steuergerechtigkeit", versichert Grascha. Jetzt da die CD gekauft sei, müsse auch ermittelt werden. Damit sei der Fall erstmal erledigt.

Der Bund der Steuerzahler erwartet, dass bald höchstrichterlich geklärt wird, ob die öffentliche Hand die illegal beschafften Daten erwerben darf und sie vor Gericht als Beweismittel verwendet werden können. Ein im Rahmen der Steueraffäre in Liechtenstein Beschuldigter ist mit einer Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe gezogen. Die Liechtenstein-Affäre hatte den damaligen Vorstandsvorsitzenden der Post, Klaus Zumwinkel, seinen Posten gekostet.

Möllring rechnet für Niedersachsen mit Einnahmen durch die CD im zweistelligen Millionenbereich. Die Kosten trägt zur Hälfte der Bund, den Rest teilen sich die Länder. Das ist ein umso besseres Geschäft, weil es den Finanzbehörden gelungen ist, den Verkäufer der Datei von 500.000 auf 185.000 Euro zu drücken.

Allein die Existenz der CD hatte dazu geführt, dass sich tausende Steuerzahler selbst anzeigten. Für diejenigen, die darauf erfasst sind, sei diese Chance jetzt vorbei, sagte Möllring. Oftmals handele es sich um seit Jahrzehnten in der Schweiz angelegtes Vermögen. "Die Leute sind in der Regel ganz normale Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen Geld in die Schweiz gebracht haben", erklärte Möllring.

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