Debatte um Atomausstieg: Sachsen setzt auf Kohle

Der Atomausstieg klappt nur, wenn in Braunkohle investiert wird, sagt Sachsens Ministerpräsident Tillich. Er schwört auf unterirdische Lagerung von CO2. Doch die ist umstritten.

Warum denn gleich sprengen? Wir brauchen Kohle, sagt Tillich. Das sächsische Kraftwerk Hagenwerder bei Görlitz wurde 1999 in die Luft gejagt. Bild: dapd

BERLIN taz | Ohne Kohlekraftwerke sei der Atomausstieg nicht möglich, glaubt der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Angesichts der aktuellen Energiedebatte sieht er neue Chancen für die heimische Kohle: "Wenn wir mit der Energiewende aus der Kernenergie aussteigen und damit eine wichtige und grundlastfähige Energieart wegfällt, wird dafür ein Ersatz gebraucht", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag.

Zur klimafreundlichen Nutzung der Braunkohle müsse aber mehr in die Forschung investiert werden: "Hier ist der Bund gefragt", sagt Tillich. In Sachsen wird derzeit noch Braunkohle abgebaut.

Greenpeace kritisierte den Vorstoß von Tillich. "Braunkohle ist der klimaschädlichste aller Energieträger, und dazu noch ineffizient", sagte die Energieexpertin Anike Peters von Greenpeace der taz. Bei der Verbrennung von Braunkohle werde je erzeugter Kilowattstunde Strom etwa dreimal soviel CO2 frei wie bei Erdgas.

Peters bezweifelt, dass neue Kohlekraftwerke nötig seien, um Kernkraft zu ersetzen. Eine neue Studie von Greenpeace kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland trotz Atomausstieg bereits in 30 Jahren komplett kohlefrei sein könnte. Vorübergehende Schwankungen bei der Energieversorgung könnten durch Gaskraftwerke ausgeglichen werden.

Tillich hatte in der Vergangenheit den Freistaat Sachsen mehrfach für die unterirdische Einlagerung von Kohlendioxid vorgeschlagen. Immer wieder hatte er sich für die so genannte CCS-Technologie ausgesprochen, bei der CO2 behälterlos in tiefen unterirdischen Gesteinsschichten auf unbegrenzte Zeit deponiert wird. Es ist umstritten, ob die Technologie wirklich sicher ist. "Bislang gibt es dazu kaum Erkenntnisse", sagt Peters.

Widerstand formiert sich gegen CCS

Sie hält die CCS-Technologie für eine Sackgasse. "Wir würden dabei Abfall produzieren, der Jahrtausende gelagert werden muss", sagt die Energieexpertin. "Doch wir könnten ohne Abfallprodukte auskommen, wenn wir auf erneuerbare Energien setzen." Auch in der Bevölkerung wächst der Widerstand gegen die Technologie. Der Energiekonzern Vattenfall plant derzeit in Brandenburg erste Versuche der CCS-Technologie. Gegner befürchten eine Gefährdung des Grundwassers und Wertverluste bei Immobilien.

Es ist unwahrscheinlich, dass es in Sachsen zur großen Renaissance der Braunkohle mit CCS-Technologie kommt. Denn die CO2-Verpressung ist nach einer Studie des Sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Sachsen gar nicht möglich. Sie kommt zu dem Ergebnis, "dass die in Sachsen vorkommenden geologischen Formationen für eine CO2-Speicherung überwiegend nicht geeignet sind und derzeit eine Speicherung nicht möglich ist". Potentielle CO2-Endlager finden sich vor allem in Norddeutschland.

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