Demos gegen rechts: Das Zweitbeste ist die Uneinigkeit

Auf den Demos ist viel Rührung zu spüren: weil es trotz allem so viel Demokratisches gibt, in unserer gefährdeten Demokratie.

Teilnehmer einer Demonstration halten sich an den Händen.

Teilnehmer einer Demonstration gegen Rechtsextremismus vor dem Bundestag am 03.02.2024 in Berlin Foto: bildgehege/imago

Das Drittbeste an den Demos ist, dass auch Konservative mitgehen. Also die, die Linke als „rechts“ diffamieren. Sodass Rezensenten rätseln, ob diese Demos links genug, bürgerlich genug, inklusiv genug sind oder gar eine „Bewegung“ herbeireden – das Volk geht erst mal einfach nur. Auf die Straße. Weil es sich sorgt. Weil es irgendwie das Gefühl hat, die Demokratie sei in Gefahr.

Das Zweitbeste an den Demos ist, dass niemand mit allem einverstanden sein kann, was dort gesagt wird. Menschen kommen zum Protest, die uneins sind, mit sich, mit anderen – um gemeinsam uneins zu sein, um vielfältig, um Demos, also Staatsvolk, zu sein. Dieser Demo-Pluralismus versammelt sich nicht nur gegen den „Ethnopluralismus“, irre Reinrassepläne und Eindeutigkeitszwang, sondern auch für die Uneinigkeit. Vielleicht kommt daher dieser Ruck der Erleichterung: weil das Inzestuöse, das von neurechten „Ariern“ ausgeht, die Ausschließeritis, das Canceln Andersdenkender, das Outsourcen des „Bösen“ auch und gerade unter Linken droht.

Weil man sich erinnert, dass gegen Verunsicherung nicht Gewissheiten einer Vergangenheit helfen, die es nie gab, sondern nur, etwas daraus zu machen. Etwas Demokratisches. Demos zum Beispiel. Und auf ihnen die alte Idee entstaubt, dass auch der andere, solange er demokratisch agiert, ein bisschen recht haben könnte – sogar, wenn er „rechts“ ist.

Deshalb sollte man nicht einverstanden sein mit Slogans wie „Menschenrechte statt rechte Menschen“ oder damit, „gegen rechts“ zu demonstrieren, doch wer das nicht ist, kann ja ein eigenes Plakat mitbringen und sich damit erfolgreich unbeliebt machen. Jede kann zum allgemeinen Unbehagen beitragen, das wir so dringend nötig haben.

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Denn das Beste an den Demos ist das nicht Genehme. Das nicht Stimmige. Das, was eine Demokratie ausmacht: (Selbst-)Ungewissheit und Nachdenklichkeit. Vielleicht ist deshalb auch so viel Rührung zu spüren: weil es trotz allem so viel Demokratisches gibt, in unserer gefährdeten Demokratie. So viel Demos!

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