Der Ölteppich in der Nordsee: Die erste Ölung

Wer an der Nordsee aufwächst, gewöhnt sich an alles - oder sagen wir: an fast alles. Immer noch besser als die Ostsee.

Das Meer, die Heimat, muss mit vielem geteilt werden. Bild: dpa

Teilen ist edel, teilen ist gut - kennt man alles, die Geschichte mit dem heiligen Sankt Martin und seinem Mantel und so. Aber manchmal will man nicht teilen. Wer an der Nordsee wohnt, weiß, diese Trotzhaltung bringt nichts. Das Meer, die Heimat, muss mit vielem geteilt werden.

Mit Menschen, für die die Nordsee Sehnsuchtsort ist, komplett mit Wohnwagenparzelle und beheizbarem Vorzelt hinterm Deich. Die mosern, wenns drei Wochen regnet und zwei Wochen die Tide ungünstig ist und das Meer weit weg.

Auch an von Containerschiffen gefallene Raviolidosen, Bierflaschen und zerlöcherte Pullover gewöhnt man sich mit der Zeit. Nützt ja nichts, einfach vorbeischwimmen.

Derzeit breitet sich ein 31 Kilometer langer und bis zu 4,3 Kilometer breiter Ölteppich in der Nordsee aus. "Nur" heißt es in vielen Berichten beschönigend. Gut, 120 Quadratkilometer mögen gemessen an der 575.000 Quadratkilometer großen Nordsee mehr Fußmatte als Teppich sein, aber auch mit einem Quadratzentimeter Öl mag man die Nordsee nicht teilen.

Schon ist sie wieder da, die schlimmste Erinnerung aus der frühen Jugend, als man nach dem Baden panisch die vermeintliche Fäkalie aus dem Dekolleté wischte. Die beruhigenden Worte: "Das ist doch nur Öl", machten die Sache nicht besser.

Da hadert man mit der Heimat, steht unschlüssig am Ufer, wird trotzig. Und geht doch wieder ins Wasser. Arrangiert sich. Auch mit 120 Quadratkilometer Ölteppich. Immer noch besser als die Ostsee.

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