Deutsch-Jordanische Beziehungen: Schöne Autos – schlechte Politik

In Jordanien sieht man Deutschland neuerdings deutlich kritischer. Zumindest weite Teile der Gesellschaft. Grund ist die Nahostpolitik.

Olaf Scholz bei einem Pressestatement auf der Terrasse des jordanischen Königspalastes

Scholz über dem Jordan: Bei seinem Besuch im Königspalast stand der Bundeskanzler allein vor den Kameras Foto: dpa

Kurz nach dem 7. Oktober habe es angefangen, erzählt Andreas Stechbart, während er mit verschränkten Armen und nachdenklichem Blick vor seinem Glas Tee in einem Café der jordanischen Hauptstadt Amman sitzt. „Zunächst die Äußerungen in den sozialen Medien, dann blieben im privaten Bereich die Einladungen aus“, erzählt der 70-jährige Rentner, der seit zweieinhalb Jahren in Amman lebt.

„Das war aber keine Ablehnung, sondern eher Verunsicherung“, ordnet er die Reaktionen ein. In Jordanien wird Deutschland oft mit guten Eigenschaften in Verbindung gebracht: Verlässlichkeit, Freiheit, Gerechtigkeit, berufliche Chancen. Oder auch nur schöne Autos.

Doch etwas hat sich seit dem 7. Oktober geändert.

Deutschlands gutes Image hat einen schweren Schlag erlitten, beobachtet Stechbart. Er arbeitet als Regionalbeauftragter der Deutsch-Jordanischen Gesellschaft in Amman. Die deutsche Politik im Gazakrieg werde hier von vielen als einseitig oder gar heuchlerisch wahrgenommen. Die Kenntnisse über deutsche Geschichte seien zudem oft nicht sehr groß, auch über den Holocaust sei sehr wenig bekannt.

Unverständnis vor allem in liberalen Kreisen

Stechbart betont, er könne nur über seine persönliche Erfahrung reden. Erste Ergebnisse einer Umfrage der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) bestätigen jedoch seine Wahrnehmung. „Ja, das Image hat sich verändert“, sagt Edmund Ratka, KAS-Leiter in Jordanien. „Die deutsche Positionierung an der Seite Israels wurde sehr aufmerksam wahrgenommen und stieß größtenteils auf Unverständnis.“

Für die noch nicht veröffentlichte Studie hat die KAS im August Menschen in Jordanien gefragt, ob Deutschland eine größere Rolle im Nahen Osten spielen sollte. Damals bejahten 78 Prozent der Befragten dies. Im Februar war mehr als die Mehrheit dagegen.

In Jordanien haben viele, wenn nicht die meisten Menschen palästinensische Wurzeln. Viele beobachten aus der Ferne, wie ihre Landsleute, ihre Verwandten in Gaza leiden. Für Israels Handeln und seine Gründe, die Selbstverteidigung nach dem Massaker der Hamas, zeigen die wenigsten Verständnis.

Der Vertrauensverlust sei vor allem in jungen, liberalen Kreisen groß, sagt Ratka. Dabei habe nicht die komplette Sicht auf Deutschland gelitten, es gehe dabei vor allem um die Nahostpolitik. Selten war sie so stark im Fokus der jordanischen Öffentlichkeit, selten wurde sie so stark kritisiert.

Enttäuscht von deutscher „Heuchelei“

Selbst unter der Ankündigung der jüngsten Lufthilfen auf der Facebook-Seite der deutschen Botschaft sind bissige Kommentare zu finden. „Stoppt die Heuchelei“, schreibt etwa ein Nutzer, „Sie wollen eure Hilfe nicht, hört lieber auf, Waffen zu schicken“, ein anderer. „Meine Meinung über Deutschland hat sich seit Oktober stark verändert“, sagt ein junger Mann auf Nachfrage. „Weil es den Genozid in Palästina bedingungslos unterstützt und keinerlei Achtung der Menschenrechte der Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen gezeigt hat.“

Solche Gefühle mögen in der Gesellschaft verbreitet sein, auf offizieller Ebene bleiben die Beziehungen jedoch unberührt. Jordanien gilt als wichtiger Partner des Westens, Deutschland ist sein zweitgrößtes Geldgeberland. Selbst die Bevölkerung wolle die bilaterale Kooperation nicht gefährden, ist sich Ratka sicher. Und die Kritik trifft Staaten wie die USA viel härter.

Es gebe jedoch „eine ehrliche Enttäuschung“. Die Außenstelle des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Amman merkt ebenfalls einen Rückgang der individuellen Beratungen für ein Studium in Deutschland, obwohl akademische Veranstaltungen immer noch gut besucht seien.

Für den Ausgewanderten Stechbart besteht jedoch weiter Hoffnung. „Jetzt wird alles sehr zugespitzt gesehen. Es gibt vor allem eine große Hilfslosigkeit.“ Im privaten Kreis haben Gespräche geholfen, die Lage zu klären. In Zukunft könnten mehr Austausch, mehr Kontakt dazu beitragen, das Image Deutschlands wieder zu stärken, sagt er und lächelt.

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