Deutsch für Flüchtlinge: Lernen ja, aber ohne Hilfe

Weil das Geld für Ausländer-Sprachkurse ausgegangen ist, hat der Bundesrat die schwarz-rote Bundesregierung um eine Überbrückungsfinanzierung gebeten.

Silbenweise zu gutem Deutsch: Sprachkurs. Bild: dpa

HAMBURG taz | Wer nach Deutschland kommt und hier bleiben will, soll Deutsch lernen. Diese Forderung wird zwar besonders von der rechten Seite des politischen Spektrums erhoben, wird sie konkret, kneifen die Schwarzen aber.

Ein Antrag der drei rot und rot-grün regierten Länder Hamburg, Bremen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, Sprachkurse für Migranten auch im laufenden Jahr zu finanzieren, fand im Bundesrat zwar eine Mehrheit – allerdings ohne die Stimmen der CDU-Länder. Und auch die schwarz-rote Bundesregierung zeigte bisher wenig Neigung zu handeln.

Konkret geht es um das Programm „Berufsbezogene Deutschförderung“, das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Geld aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert wird. Das erfreut sich eines so großen Zuspruchs, dass das in der Förderperiode 2007 bis 2013 bewilligte Geld schon ausgegangen ist, obwohl es noch für das ganze Jahr 2014 reichen sollte.

Am 1. April teilte das BAMF den Trägern der sogenannten ESF-BAMF-Kurse mit, „dass nur noch die bis zum 31. März 2014 beim BAMF bereits eingegangenen Kursanträge bewilligt werden können“.

Als "Europas wichtigstes Instrument zur Förderung der Beschäftigung" bezeichnet die EU-Kommission den Europäischen Sozialfonds (ESF).

Aufgabe: Der Fonds fördert Bildungsmaßnahmen, die die Aussichten von Menschen, einen Job zu bekommen, verbessern sollen, aber auch die Existenzgründung und Beschäftigungsprojekte.

Förderperioden dauern sieben Jahre. In diesem Jahr beginnt eine Neue, die bis 2020 reicht. Weil das Programm erst im ersten Jahr einer Förderperiode beschlossen wird, werden die Projekte zeitlich versetzt realisiert und laufen in die neue Förderperiode hinein.

Finanzierung: Eine Region, die ein ESF-Projekt haben möchte, muss mindestens die Hälfte davon selbst bezahlen.

Neue Kurse könnten demnach erst gebucht werden, wenn die EU, der Bund und die Länder entschieden haben, was in der Förderperiode 2014 bis 2020 bezahlt werden soll. Geplant ist, dabei einen Teil der bisherigen Nutznießer auszuschließen: Für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge sollen solche Kurse nicht mehr finanziert werden.

Der Antrag der Länder zielte zunächst darauf ab, sowohl die Förderlücke zu schließen als auch die Kurse für Asylbewerber und Geduldete offen zu halten.

Nach Auskunft des Bremer Senats haben die Antragsteller schließlich auf den zweiten Teil verzichtet. „Wir haben uns jetzt auf die Förderlücke konzentriert, weil viele Anträge vorliegen und es gerade jetzt für die beruflichen Förderungen nicht zu einem Abbruch kommen darf“, sagt Senatssprecher Hermann Kleen.

Die Bundesregierung muss den Beschluss des Bundesrates binnen sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, der dann darüber entscheiden muss. Ob dieser zustimmt, ist angesichts der dort herrschenden Mehrheitsverhältnisse ungewiss.

Das Bundesarbeitsministerium von Andrea Nahles (SPD) wies die taz darauf hin, dass es den Ländern ja freistehe, eigene ESF-Programme aufzulegen. Michael Jürdens, Sprecher der niedersächsischen Landesregierung erscheint es aber „eher unwahrscheinlich“, dass die Länder für eine Zwischenfinanzierung aufkommen werden, „schon wegen der originären Zuständigkeit des Bundes“.

Nichtsdestotrotz hat Bremen reagiert. Bereits am 11. März beschloss der Senat, 2014 Deutsch- und Alphabetisierungkurse für AsylbewerberInnen und Flüchtlinge zu finanzieren. Für 240.000 Euro könnten 600 Menschen an 38 Volkshochschulkursen teilnehmen und Angebote ausgeweitet werden.

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) setzt dagegen darauf, dass sich der Bund bewegen wird. Der Förderstopp sei integrationspolitisch kontraproduktiv und stehe nicht im Einklang mit dem Koalitionsvertrag von CDU/ CSU und SPD, in dem es heißt: „Wir setzen uns für einen Ausbau und die Öffnung der berufsbezogenen Sprachkurse für neue Zielgruppen ein.“

Der Förderstopp sei eine Gefahr für erfolgreiche Strukturen, warnt Scheele. „Für Flüchtlinge ohne gesicherten Aufenthaltsstatus sind die Deutschkurse des ESF-BAMF-Programms die einzige Möglichkeit, unsere Sprache mit professioneller Hilfe zu erlernen und dadurch einen schnelleren Zugang zu Ausbildung und Arbeit zu erhalten“, sagt er und erinnert an eine weitere Bundesratsinitiative.

Im Dezember legte die Länderkammer einen Gesetzentwurf vor, nach dem Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge in den Genuss von Integrationskursen kommen sollen. Der Bundestag müsse darüber in „angemessener Frist“ beschließen.

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