Deutsche Rüstungsexporte: Regierung ermöglicht Mordsgeschäfte

Die Linkspartei und die Grünen sind empört: Heckler & Koch hat die Genehmigung für millionenschwere Waffendeals im arabischen Raum erhalten.

Firmenschild von Heckler & Koch

Kann weiter Mordsgeschäfte im arabischen Raum machen: deutsche Waffenschmiede Heckler & Koch.

BERLIN taz | Die Genehmigung millionenschwerer Waffengeschäfte des Rüstungsunternehmens Heckler & Koch sorgt für Empörung bei der Opposition. „Es ist skandalös, wenn ein Unternehmen jetzt mit dem Segen der Bundesregierung weiter Waffen in alle Welt verkaufen darf, bei dem der Staatsanwalt auf der Schwelle steht“, sagte die abrüstungspolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Agnieszka Brugger. Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, fordert, dass alle Exportgenehmigungen für Heckler & Koch „sofort gestoppt werden“.

Wie aus einem Schreiben von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) an den Bundestag hervorgeht, hat der Bundessicherheitsrat Exportanträge von Heckler & Koch für Waffenausfuhren im Volumen von 4,7 Millionen Euro genehmigt.

Das geheim tagende Gremium billigte unter anderem die Ausfuhr von 48 Granatmaschinenwaffen, 1.600 vollautomatischen Gewehren und 100 Maschinenpistolen des Herstellers an den Oman. Allein dieses Geschäft hat ein Volumen von rund 3,1 Millionen Euro.

Gabriels Schreiben zufolge darf das in Oberndorf am Neckar ansässige Unternehmen außerdem noch 14 vollautomatische Gewehre, 500 Maschinenpistolen und 63.000 Schuss Munition für gut eine halbe Million Euro an die Vereinigten Arabischen Emirate ausführen.

Für noch einmal rund 600.000 Euro gehen 215 vollautomatische Gewehre an Brasilien und 100 Maschinenpistolen an Indien. Der Libanon erhält für 20.000 Euro acht Maschinenpistolen und 25.000 Schuss Munition. An Malaysia darf Heckler & Koch 100 Maschinenpistolen, 100 vollautomatische Gewehre und zehn Maschinengewehre liefern.

Leere Versprechen

„Gabriel hat auf der ganzen Linie versagt“, sagte der Linksparteiler van Aken der taz. Nach seinem Amtsantritt habe der sozialdemokratische Wirtschaftsminister versprochen, die Verbreitung von Handfeuerwaffen stark zu begrenzen. „Und jetzt erteilt er Heckler & Koch eine Genehmigung nach der anderen“, so van Aken.

Tatsächlich ist es noch nicht lange her, dass Gabriel vollmundig verkündet hat, Waffenexporte seien „kein Mittel der Wirtschaftspolitik“. Deutschland müsse „seine Waffenexporte sehr restriktiv handhaben, insbesondere bei den Kleinwaffen wie Gewehren, die in Bürgerkriegen massiv zum Einsatz kommen“, verkündete er im Mai 2014. „Ich möchte nicht, dass deutsche UN-Soldaten irgendwann unseren eigenen Kleinwaffen in den Händen von Terroristen oder autoritären Regimen gegenüberstehen“, so der SPD-Vorsitzende damals. „Gabriel sagt Export deutscher Kleinwaffen Kampf an“, titelte seinerzeit die Welt. Die Realität sieht offenkundig anders aus.

Gabriel verkehre seine „angeblich strengen Kleinwaffengrundsätze in ihr krasses Gegenteil, wenn der Bundessicherheitsrat verantwortungslos in großem Umfang Kleinwaffen in Staaten jenseits der EU und Nato genehmigt“, kritisiert die Grüne Brugger. Wieder würden Staaten im arabischen Raum beliefert, die mitverantwortlich seien „für die Gewalt im Jemen und deren Menschenrechtslage in ihrem eigenen Land hochproblematisch ist“.

Dass ausgerechnet Heckler & Koch nun mal wieder Profiteur der nicht gerade restriktiven schwarz-roten Exportgenehmigungspraxis ist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Denn die Waffenschmiede hat gerade erst eine Untätigkeitsklage gegen die Bundesregierung eingereicht, weil diese zwar vor Jahren den Bau einer Sturmgewehrfabrik in Saudi-Arabien gestattete, derzeit jedoch keine Ausfuhrgenehmigungen für die Zulieferung von Waffenbauteilen erteilt.

Außerdem lieferte sich Heckler & Koch über Monate hinweg einen Streit mit dem Verteidigungsministerium, weil dass die von dem Unternehmen gebaute Standardwaffe der Bundeswehr, das Sturmgewehr G36, wegen Präzisionsproblemen ausmustern will.

Anklage gegen Ex-Mitarbeiter

Besonders heikel erscheinen die Waffenausfuhrgenehmigungen der Bundesregierung allerdings vor dem Hintergrund, dass erst in der vergangenen Woche die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen sechs frühere Mitarbeiter von Heckler & Koch erhoben hat. Ihnen wird vorgeworfen, gegen das Kriegswaffenkontroll- und Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben.

Die Beschuldigten sollen mit dafür verantwortlich sein, dass G36-Sturmgewehre zwischen 2006 und 2009 illegal in mexikanische Bundesstaaten geliefert wurden, „die nicht von den deutschen Exportgenehmigungen umfasst waren“, wie Staatsanwältin Claudia Krauth erläuterte. Der taz liegen Unterlagen vor, die zeigen, dass Polizisten beim tödlichen Einsatz in einem dieser Staaten nicht nur G36-Gewehre trugen, sondern damit auch auf Studenten schossen.

Die Regierung hätte alle Exportanträge von Heckler & Koch erst einmal auf Eis legen müssen, bis das Verfahren wegen der tödlichen Mexiko-Geschäfte abgeschlossen ist, findet die Grüne Brugger. Jan van Aken geht noch weiter. „Dieses Unternehmen ist nicht mal mehr nach den butterweichen Maßstäben der Bundesregierung vertrauenswürdig, es darf deshalb überhaupt keine Exportgenehmigungen mehr bekommen“, fordert der Rüstungsexperte der Linksfraktion.

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