Deutsche Wirtschaft trotzt Krisen: Überraschend stark gewachsen

Trotz Fachkräftemangel, Lieferengpässen und Inflation: Es gibt mehr Jobs, weniger Schulden und vor allem mehr Wachstum als gedacht.

Autobroduktion bei Volkswagen

Deutschlands wichtigster Industriezweig, die Autobranche, hier die Produktion bei Volkswagen Foto: Matthias Rietschel/reuters

BERLIN taz | Wenn das Statistische Bundesamt jedes Jahr im Januar Daten zur ökonomischen Lage des abgelaufenen Jahres vorlegt, ist das meistens vor allem für Zahlenfreaks interessant. In diesem Jahr birgt der Termin aber Überraschungen: Deutschland, so zeigen die Zahlen, steht nämlich viel besser da, als viele Experten gedacht haben. Trotz Fachkräftemangel, Lieferengpässen, Inflation berichten die Statistiker von mehr Jobs, weniger Staatsschulden und vor allem Wachstum.

So legte die Wirtschaftsleistung, gemessen als Bruttoinlandsprodukt, 2022 um 1,9 Prozent zu, wie Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sagte. Die hohe Inflation ist dabei herausgerechnet. Das Besondere: Bis auf das Institut für Wirtschaftsforschung in Kiel (IfW) hat das niemand so vorhergesehen, rechnete mit weniger. Die Bundesregierung ging von 1,4 Prozent Wachstum aus, ebenso die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Die EU-Kommission erwartete 1,6 Prozent.

Der Staat hat im vergangenen Jahr mehr eingenommen, weil Produkte wegen der Inflation mehr kosteten und entsprechend der Mehrwertsteueranteil stieg und weil sich die Wirtschaft erholte, mehr Menschen arbeiteten und zum Beispiel mehr Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträge fällig wurden. Auch die Ausgaben stiegen – vor allem wegen der finanziellen Hilfen für die Ukraine, der staatlichen Hilfen für angeschlagene Energieversorger wie Uniper und der Pakete, die Haushalte und Unternehmen von steigenden Energiepreisen entlasten sollen.

Insgesamt fehlten 101,6 Milliarden Euro, die durch neue Schulden gedeckt werden mussten – 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und sogar 32,7 Milliarden Euro weniger als 2021. Vor allem der Bund machte neue Schulden, weil er die großen Hilfsprogramme auflegte. Länder, Gemeinden und die Sozialversicherungen schlossen im Plus.

2023 ist noch unklar

Unklar ist noch, wie es 2023 mit der deutschen Wirtschaft weitergeht. Die Statistiker berechneten für das vierte Quartal noch auf sehr wackeliger Basis ein Wachstum von 0,0 Prozent. Ob es Anfang 2023 so weitergeht, ist unklar. Das Münchener Ifo-Institut erwartet einen schwachen Start. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte: „Die wirtschaftliche Abschwächung über das Winterhalbjahr wird nach den Daten, die wir aktuell haben, milder und kürzer sein als erwartet. Damit zeigt dieses Land, was es kann.“

Die Bundesregierung ging noch im Herbst 2022 davon aus, dass die Wirtschaft im Gesamtjahr 2023 um 0,6 Prozent schrumpft. Der Bankenverband rechnet sogar mit einem Minus von einem Prozent. Nur das IfW in Kiel ist mit 0,3 Prozent Wachstum derzeit optimistisch.

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