Deutschlands Erster Mann im Staat: Wieviel Gauck verträgt die Linke?

Anders als die Parteispitze will Fraktionsvize Dietmar Bartsch Joachim Gauck wählen - um Merkel zu stürzen. Heute präsentiert die Fraktion eine eigene Kandidatin.

Wie linksaffin isser nu? Bild: dpa

BERLIN TAZ Die Linkspartei sucht nach einer Haltung in der Bundespräsidentenfrage. Rot-Grün hatte die Partei mit der Nominierung von Joachim Gauck vor vollendete Tatsachen gestellt. Die erste Reaktion war flügelübergreifend Trotz: Man fühlte sich verständlicherweise von dem rot-grünen Alleingang vorgeführt. Am Dienstag will die Fraktion nun eine eigene Kandidatin präsentieren, die laut taz Information aus dem Westen stammt. Der Name war bis zum Redaktionschluss noch nicht bekannt. Klar ist: Sie ist eine Zählkandidatin, die gegen CDU-Mann Christian Wulff und den von SPD und Grünen unterstützten Gauck nicht den Hauch einer Chance hat.

Politisch wichtiger ist, wie sich die 125 Wählmanner und frauen in der Bundesversammlung verhalten werden, wenn es für Wulff im ersten Wahlgang nicht reicht. Der Groll gegen Stasi-Aufklärer Gauck sitzt auch bei vielen Pragmatikern im Osten tief. "Wenn wir den wählen, wäre das so, als würden wir dem Afghanistan-Einsatz zustimmen", so ein Spitzenpolitiker aus dem Osten. Doch andere wägen ohne viele Affekte den möglichen Nutzen und Schaden der Wahl ab. Fraktionsvize Dietmar Bartsch sagte der taz, dass er davon ausgeht, dass Wulff gewählt wird. Wenn dies am 30. Juni aber nicht geschehe, müsse die Linkspartei "alles tun, damit Wulff nicht Bundespräsident wird". Dabei gehe es nicht um die Personen Wulff und Gauck, sondern darum die Regierungszeit von Schwarz-Gelb zu verkürzen. "Das ist kein Plädoyer für Herrn Gauck, sondern gegen Schwarz-Gelb", so Bartsch. Wenn die FDP Wulff scheitern lässt, so die von vielen geteilte Vermutung, ist dies das Ende der Merkel-Regierung. Der Pragmatiker Jan Korte betonte der taz gegenüber, dass Gauck sich ebenso wie die Linkspartei erfolgreich für die Aufhebung der NS-Urteile gegen Kriegsverräter engagierte.

Doch so kühl sehen es keineswegs alle Genossen. Die Parteichefin Gesine Lötzsch erklärte am Montag in Berlin: "Gauck ist für uns nicht wählbar." Sie zeigte sich nach wie vor brüskiert über das rot-grüne Verfahren und betonte, dass wir "keine Partei zweiter Klasse sind". Entscheidend sei für die Partei die Haltung der Kandidaten zu Frieden und sozialer Gerechtigkeit. Und da habe man, so auch Parteichef Klaus Ernst, von Joachim Gauck noch nichts Wesentliches gehört.

Das könnte sich ändern. Offenbar will die Linksfraktion, so wie es Usus ist, auch Kandidat Gauck zu einem Gespräch einladen. STEFAN REINECKE

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