Die CDU nach der Sachsen-Wahl: In rechter Bedrängnis

Das Wahlergebnis der CDU sieht auf den ersten Blick besser aus, als es ist. Denn die AfD wird zur echten Bedrohung von rechts.

Auch der knallpinkfarbene Blazer kann das Nachtschlafminus der Kanzlerin am Montag nicht kaschieren Bild: dpa

BERLIN taz | Angela Merkel ist müde. Man sieht es ihrem Gesicht an, als sie am Montagmittag in der CDU-Parteizentrale vor die Presse tritt. Weder der erneute Wahlsieg der Sachsen-CDU bei der Landtagswahl noch ihr knallpinkfarbener Blazer kann das Nachtschlafminus der CDU-Vorsitzenden kaschieren. Die Ukraine-Russland-Krise, der EU-Rat am Wochenende, die Waffenlieferungen in den Nordirak, über die sie in zweieinhalb Stunden vor dem Parlament sprechen wird – nun soll sie auch noch ein Wahlergebnis schönreden, das ihrer Partei jeden Anlass zur Sorge bietet.

Angela Merkel sagt also, was zu sagen ist. Dass sie sich freut über die 39,4 Prozent für Stanislaw Tillichs Landespartei und dass der CDU-Sieg doch ein sehr schöner Rückenwind sei für die Wahlen in Brandenburg und Thüringen am 14. September. Und auch Stanislaw Tillich sagt, was zu sagen ist. Dass er sich freue, dass die NPD nicht mehr im Dresdner Landtag sitzen wird und seine CDU Sondierungsgespräche führen werde.

Natürlich mit der SPD, die 12,4 Prozent der Stimmen geholt hat. Aber auch mit den Grünen, die 5,7 Prozent geholt haben. Auch eine knappe schwarz-grüne Mehrheit, sagte Tillich – und Angela Merkel lächelt dazu sehr wohlwollend – könne eine stabile Regierung bringen. Im Prinzip seien ja „auch drei oder vier Stimmen ein solides Ergebnis“.

Und dann kam Tillich endlich auf die AfD zu sprechen. Die „ist und bleibt eine Protestpartei“, erklärt er. Und Tillichs Parteichefin ergänzte, sie erkenne sehr wohl in dem 9,7-Prozent-Ergebnis der AfD „ein großes Stück Protest“. Diesen Protest müsse man „dadurch auflösen, dass wir als Union, als CDU die Themen ansprechen und lösen, die die Menschen vor Ort bewegen“. Es war das öffentliche Bekenntnis des Landesvorsitzenden zur großen Linie seiner Bundespartei: Mit der AfD wird nicht verhandelt. Und es war das Signal der Bundesvorsitzenden, dass die CDU den Schuss gehört hat. Der Partei laufen die Wähler weg.

Der CDU, die in zwölf Tagen auch in Brandenburg und Thüringen zu den Landtagswahlen antritt, muss klar sein, dass die 105.000 Erststimmen für die sächsische AfD keineswegs das Votum versprengter Streithansel sind. Sondern dass dieses Ergebnis auch ein Denkzettel für die CDU ist von Leuten, denen die Partei zu weit in die Mitte gerückt ist. Im politischen Raum steht nun die Frage, was da noch kommen könnte, wenn am 14. September in Erfurt und Potsdam die Wahlergebnisse einlaufen.

Nicht länger ignorieren

Die AfD darf von der CDU jedenfalls nicht länger ignoriert werden. Den Sachsen geht es ja gut, und dennoch haben 35.000 einstige CDU-Wähler den Populisten ihre Stimme gegeben. 67 Prozent der AfD-Wähler haben laut Infratest-Dimap die Partei wegen ihrer „Inhalte“ gewählt; nur 20 Prozent verstehen ihr Kreuzchen als „Denkzettel“. Also. Als Ordnungspartei gelten die Christdemokraten offenbar nicht mehr. Und 41 Prozent der Befragten trauen der AfD sogar ein Händchen für „soziale Gerechtigkeit“ zu. Wohlgemerkt einer Partei, die noch nie in Regierungsverantwortung war und gerade mal das erste Landesparlament erobert.

Es sind Fakten, die sich nicht von der Hand weisen lassen. Da mag die stellvertretende Parteivorsitzende Julia Klöckner gegenüber der taz von der AfD als „Illusionspartei“ sprechen und Thüringens CDU-Fraktionsvorsitzende Mike Mohring betonen, „keine Angst“ vor der AfD zu haben. Und auch wenn Vizeparteichef Armin Laschet hofft, „die AfD läuft sich tot“ – die Gefahr für die konservative Volkspartei ist seit diesem Sonntag nicht länger zu übersehen.

Im Konrad-Adenauer-Haus beginnt man nun gegenzusteuern. Erst vergangene Woche stellte Generalsekretär Peter Tauber die Grundzüge einer Parteireform vor. „Meine CDU 2017. Jetzt Partei ergreifen“ soll sie heißen und die CDU attraktiver machen für jene, die der Partei gerade akut fehlen: die Dreißig- bis Fünfzigjährigen.

Unter denen vermutet man wohl auch jene Protestwähler, die die etablierten politischen Parteien weder attraktiv noch kompetent finden. Leute, die aktuell in Sachsen, Brandenburg und Thüringen ihre Stimme lieber der AfD als der CDU geben. Und die das auch bei allen zehn weiteren Landtagswahlen tun könnten – bevor dann im Herbst 2017 ein neuer Bundestag gewählt wird.

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