Die „Goldenen Palme“ für Michael Haneke: Doppelter Kino-Weltmeister

Der 70-jährige österreichische Regisseur Michael Haneke gehört längst keiner nationalen Filmkultur mehr an, sondern dem Weltkino. Mit „L'Amour“ gewinnt er in Cannes.

Eine Geste des Dankes am Sonntag in Cannes. Bild: dpa

Die „Goldene Palme“ in Cannes, das ist so etwas wie die inoffizielle Weltmeisterschaft des Kinos. Weil das Festival jährlich stattfindet, gelingt es selten jemand, diesen Titel direkt zu verteidigen, denn es dauert meist zwei, drei Jahre bis zum nächsten Film. Dem Österreicher Michael Haneke ist es nun gelungen, mit zwei aufeinander folgenden Filmen eine „Goldene Palme“ zu erringen. Mit „L’Amour“ wiederholte er jetzt seinen Erfolg von „Das weiße Band“ aus dem Jahr 2009. Die beiden Preise zeigen, wie sehr Haneke sich inzwischen freigespielt hat von seiner ursprünglichen Gesellschaftskritik, ohne dabei die strenge Autorenposition preiszugeben, die für ihn charakteristisch ist.

Als er 1989 mit „Der siebente Kontinent“ im Kino debütierte, fand er in der zunehmenden Mediensättigung des modernen Lebens ein erstes großes Thema. Er widmete zwei weitere Filme seiner Trilogie der „Vergletscherung“ diesem Phänomen („Benny’s Video“ und „71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls“) und etablierte sich schnell als der wichtigste österreichische Filmemacher seiner Generation.

Er ist ein Kriegskind, geboren 1942, aufgewachsen in Wien als Sohn zweier Künstler. In den 70ern arbeitete er vor allem beim Fernsehen, bis 1989 entstand ein beachtliches Werk, das allerdings erst nach seinem internationalen Durchbruch stärker rezipiert wurde. 2001 spielte Isabelle Huppert die Hauptrolle der Erika Kohut in „Die Klavierspielerin“. Für Haneke bedeutete dieser Film den endgültigen internationalen Durchbruch, in der Dekade seither konnte er seine eigene Verspätung im Kino souverän aufholen.

Stars wie Isabelle Huppert oder Juliette Binoche verehren ihn, Paris wurde seine zweite Heimat, dort entstand 2007 „Caché“, sein vielleicht bester Film, in dem er Medien- und Zivilisationskritik auf zeitgeschichtliche Momente hin öffnete. Der Welterfolg „Das weiße Band“ lässt sich als Quintessenz des neueren Arthouse-Kinos begreifen, ein Drama als Suchbild nach historischen Triebkräften. Kürzlich wurde Haneke 70 Jahre alt. Längst gehört er keiner nationalen Filmkultur mehr an, sondern dem Weltkino.

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