Diskussion um Veränderung von Erbgut: Klöckner will neue Gentechnik

Die Landwirtschaftsministerin spricht sich dafür aus, Crispr/Cas weniger streng zu regulieren. Kritik kommt von SPD und Grünen.

Vor einer Maispflanze ist ein Warnschild mit der Aufschrift "Genfood" zu sehen

Genetisch veränderte Lebensmittel: Das könnte Gesundheit und Umwelt schaden Foto: dpa

BERLIN taz | Agrarministerin Julia Klöckner plant, gegen Einschränkungen von Crispr/Cas und anderen neuen Gentechnik-Methoden anzugehen. „Wir müssen eine Debatte führen, die wissenschaftsbasiert ist und nicht nach Stimmungen geht“, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters. „Die klassische grüne Gentechnik mit Crispr/Cas in einen Topf zu werfen, halte ich für sachlich falsch.“ Ob es zu Gesetzesänderungen komme, werde man sehen. Die Debatte sei nicht beendet.

Durch Crispr/Cas – auch bekannt als Genscheren- oder Mutagenese-Technologie – kann Erbgut gezielter als bisher verändert werden. Bei älteren Techniken wurden etwa mit einer Genkanone Gene in das Erbgut geschleust. Bei Crispr/Cas bauen zelleigene Reparatursysteme die DNA nach einer von Wissenschaftlern erstellten Vorlage um.

Befürworter hatten verlangt, solche Pflanzen mit rechtlich konventionell gezüchteten Pflanzen gleichzusetzen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) verfügte aber im Juli, dass Crispr/Cas-Pflanzen denselben restriktiven Zulassungsbestimmungen unterliegen müssen wie herkömmliche gentechnisch veränderte Organismen (GVO). Das heißt: Sie müssen auf ihre Risiken für Mensch und Umwelt hin überprüft werden. Zudem müssen sie als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden. Wegen des Widerstands in der Bevölkerung bieten die meisten Läden solche Lebensmittel gar nicht erst an.

„Wir müssen achtgeben, dass wir nicht aus Luxuspositionen des Überflusses heraus in Europa eine neue Technologie vor die Tür setzen“, sagte Ministerin Klöckner nun. Die neue Technologie könne die Lösung für landwirtschaftliche Probleme werden. „Damit könnten beispielsweise dürreresistente Pflanzen gezüchtet werden.“

Grüne kritisieren Stimmungswandel

„Das Urteil des EuGH sollte auch die Bundeslandwirtschaftsministerin anerkennen“, sagte dagegen der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Matthias Miersch. Harald Ebner, Sprecher für Gentechnikpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, kritisierte, Klöckner habe zuvor vorgegeben, sich über die rechtliche Klarstellung des Gerichts zu freuen. Nun stimme Klöckner „nach kürzester Schamfrist voll ein in den Chor der Gentechnik-Lobby“. Dabei habe das oberste europäische Gericht lediglich eine Selbstverständlichkeit bekräftigt: „Dass auch neue Gentechnik Gentechnik ist und genauso behandelt werden muss.“ Das infrage zu stellen, untergrabe nicht nur das Vertrauen in europäische Institutionen, sondern ebne auch den Weg „für Verbrauchertäuschung durch verschleierte Gentechnik im Essen“.

Die Kritiker befürchten Gesundheitsrisiken durch Crispr/Cas und dass die neuen Pflanzen dazu dienen könnten, eine umweltschädliche Landwirtschaft fortzuführen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.