Dominanz in der Handball-Bundesliga: Zebras zuhause nicht zu schlagen

Der THW Kiel zeigt mit seinem 35:26-Sieg über den TBV Lemgo, dass die alten Kräfteverhältnisse in der Handball-Bundesliga wieder hergestellt sind. Für die Konkurrenz gibt es an der Förde nicht viel zu holen.

Sorgt für Langeweile beim Spielausgang: Kim Andersson. Bild: dpa

KIEL taz | Nach Handball spielen war am Samstagabend in Kiel eigentlich niemandem zumute. Am Tag zuvor waren die beliebtesten und besten deutschen Handballschiedsrichter, die hessischen Zwillingsbrüder Bernd und Reiner Methe, auf dem Weg zu einem Bundesliga-Einsatz tödlich verunglückt. "Das Kieler Publikum hat ein feines Gespür für die Situation", beschrieb Lemgos Manager Fynn Holpert die Stimmungslage in der Halle. "Ich kenne die Sparkassen-Arena normalerweise als Tollhaus. Aber heute lag ein Schatten auf dem Handball, der allen sehr nahegegangen ist. Die Reaktion des Kieler Publikums war imposant."

Dass die Begegnung früh den Charakter eines Freundschaftsspiels annahm, lag aber nicht nur an den getrübten Emotionen. Der 35:26 Sieg der Kieler "Zebras" über den Tabellensechsten war der eindrucksvolle Beweis dafür, dass die alten Kräfteverhältnisse in der Bundesliga wieder hergestellt sind und es für die Konkurrenz an der Förde auf absehbare Zeit nichts zu holen gibt. Die muss sich darauf konzentrieren, ihre Heimspiele gegen die Kieler spannend zu gestalten wie die Berliner Füchse, die vor 14 Tagen mit nur einem Tor zum Unentschieden den Kürzeren zogen. Elf Spiele, elf Siege - nach einem knappen Drittel der Saison führen die Kieler schon mit vier Punkten vor dem HSV Hamburg, der sie in der vergangenen Saison kurzzeitig vom Thron gestoßen hatte.

Auch Samstag brauchte die Mannschaft von Trainer Alfred Gislason nicht einmal besonders glänzen, um einen guten Gegner in Schach zu halten. Der Rückraum mit Kim Andersson, Daniel Narcisse und Felip Jicha ist einfach so mächtig, dass die Normalform reicht, um in der eigenen Halle fast jeden Gegner in beliebiger Höhe auf Distanz zu halten. Trotzdem gab es eine Phase in dem Spiel, zwischen der 17. und 20. Minute beim Stand vom 9:8, da hatte die TBV Lemgo nach schwachem Beginn mehrfach die Gelegenheit auszugleichen, einmal sogar per Siebenmeter. Doch nach einer Auszeit genügte eine geringe Tempoverschärfung der Kieler, um in wenigen Minuten uneinholbar davon zu ziehen.

"Die Kieler machen das, was sie müssen", sagte Kiels früherer Handball-Gott Magnus "Max" Wislander in der Halbzeitpause so trocken wie treffend. Wislander begründete 1990 eine Schweden-Dynastie an der Förde, die über Stefan Lövgren bis zu Kim Andersson reicht. Andersson zeigte mit sieben Treffern und einer Reihe sehenswerter Anspiele eindrucksvoll auf, warum der Serienmeister der Jahre 2005 bis 2010 nach einjähriger Schwächephase wieder in Tritt gekommen ist. Ohne Andersson und den Franzosen Daniel Narcisse, die in der vergangenen Saison über weite Strecken verletzt ausfielen, ist jede Mannschaft der Welt nur die Hälfte wert. Mit ihnen wird das Titelrennen diesmal eine langweilige Angelegenheit.

Aber die Kieler wollen ja nicht nur Deutscher Meister werden. "Es ist unsere Aufgabe, jedes Spiel zu gewinnen", formulierte Linksaußen Dominik Klein, der sich gegen Lemgo mit einem Treffer begnügen musste, die hohen Ansprüche. Der Tanz auf den drei Hochzeiten Bundesliga, DHB-Pokal und Champions League kommt erst im Dezember in die erste richtig heiße Phase, mit Auswärtsspielen in Montpellier, Berlin, Flensburg und Gummersbach sowie den Heimpartien gegen den HSV, AG Kopenhagen und Eintracht Hildesheim. Da wird der Kader zweimal die Woche strapaziert.

Bereits der Sieg gegen Lemgo war teuer erkauft, da Marcus Ahlm sich am Knie verletzte und wohl mehrere Wochen ausfällt. Obwohl Ahlm-Vertreter Daniel Kubes mit fünf Treffern eine persönliche Bestmarke setzte, scheinen die Kieler auf der besonders verletzungsgefährdeten Kreisläuferposition nicht ausreichend besetzt zu sein. "Wenn Ahlm uns länger fehlen sollte, wären wir darauf nicht vorbereitet", sagte Trainer Gislason.

Wenn aber die anderen Stützen den Dezember heil überstehen, wird es wohl auch im nächsten Jahr vorm Kieler Landgericht, wo Ex-Manager Uwe Schwenker weiterhin wegen mutmaßlicher Schiedsrichter-Bestechung angeklagt ist, spannender zugehen als in der Kieler Sparkassen-Arena.

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